Die Gewalt in Myanmar zwingt laut den UN immer mehr muslimische Rohingya zur Flucht nach Bangladesch. In der Nacht zum Freitag habe Bangladeschs Grenzwache weiteren 6.800 verzweifelten Männern, Frauen und Kindern die Einreise in den Distrikt Cox's Bazar gestattet, teilte eine Sprecherin des Flüchtlingshilfswerks UNHCR in Genf mit. Sie hätten vier Tage in der Grenzregion unter erbärmlichen humanitären Bedingungen ausgeharrt.
Weitere Tausende Rohingya seien auf dem Weg von Myanmar nach Bangladesch, sagte die Sprecherin Duniya Aslam Khan. Insgesamt sind laut den UN seit Ende August rund 600.000 Angehörige der Minderheit vor der Militärkampagne in Myanmar nach Bangladesch geflohen, darunter mehr als 320.000 Kinder.
Trotz angelaufener internationaler Hilfsoperationen lebten die meisten Rohingya in Bangladesch in bitterem Elend. Sie harrten auf engstem Raum in überfüllten Behelfsunterkünften aus oder schliefen im Freien. Nach Angaben der Hilfsorganisation "Save the Children" sind Tausende Flüchtlinge an Durchfall erkrankt seien. Es drohe eine Cholera-Epidemie.
UNHCR-Sprecherin Khan betonte, ihre Organisation hoffe auf die Großzügigkeit der internationalen Gemeinschaft. Am kommenden Montag sollen Geberländer auf einer UN-Konferenz in Genf Geld für die Versorgung der Rohingya bereitstellen. Amnesty International verlangte, dass Länder der Region mehr Hilfe leisten. Das arme Bangladesch könne die Krise nicht alleine meistern.
UNICEF: Besonders Kinder leiden
UN-Organisationen brauchen für die Hilfsoperationen bis Februar 2018 mindestens 434 Millionen US-Dollar. Insgesamt sollen 1,2 Millionen Männer, Frauen und Kinder in Bangladesch Hilfe erhalten, neben den Flüchtlingen auch Gastfamilien und andere Menschen, die den Rohingya zur Seite stehen. Von dem benötigten Geld war gemäß UN bis Dienstag erst knapp ein Viertel eingetroffen.
Laut Unicef leiden besonders die geflohenen Rohingya-Kinder. Die Mädchen und Jungen bräuchten dringend ausreichend Nahrung, sauberes Wasser, Impfungen, Medikamente und psychologische Betreuung. Viele Kinder seien akut unterernährt. Sie hätten Grausamkeiten in Myanmar erlebt und Angehörige verloren, betonte Unicef-Exekutivdirektor Anthony Lake.
UN fordert seit fünf Wochen Waffenruhe
Unterdessen weitete die Organisation" Ärzte ohne Grenzen" ihre Hilfsoperationen in dem Krisengebiet aus. Es seien zusätzlich 800 Mitarbeiter eingestellt worden, wodurch sich das Personal in Cox's Bazar von 200 auf 1.000 erhöht habe.
Die Rohingya, die im überwiegend buddhistischen Myanmar nicht als Minderheit anerkannt werden und keine Bürgerrechte haben, werden seit Jahren verfolgt. Die neueste Militärkampagne gegen die Muslime begann, nachdem eine Rohingya-Miliz Ende August Armee- und Polizeiposten attackiert hatte. Die UN und Menschenrechtsorganisationen rufen seit Wochen die Streitkräfte und die Regierung von Friedensnobelpreisträgerin Aung San Suu Kyi auf, die Angriffe zu beenden.