Humanitäre Hilfe: Gefährlichste Beruf der Welt?

Eine Person untersucht im Südsudan auf einem freien Platz die Augen einer Person und andere schauen zu.
CBM/David Malish
Christoffel Blindenmission-Mitarbeiter Samuel Lubari untersucht in einem Krankenhaus im Südsudan die Augen der Menschen und behandelt sie auch sofort. Damit rettet er Leben, denn Blindheit kann im Südsudan lebensgefährlich sein.
Christoffel-Blindenmission
Humanitäre Hilfe: Gefährlichste Beruf der Welt?
Krisen, wohin man sieht, und zugleich eine Bundesregierung, die künftig weniger für Humanitäre Hilfe ausgeben will. Diese Kürzungen kritisiert die Christoffel-Blindenmission (CBM) zum Welttag der Humanitären Hilfe (19. August). Zugleich erinnert sie an die Menschen, die weltweit ihr Leben riskieren, um in Krisenregionen wie dem Südsudan den Menschen beizustehen. Was der CBM-Sicherheitsexperten Tom van Herwijnen dazu zu sagen hat.

Tom van Herwijnen ist Sicherheitsexperte bei der Christoffel Blindenmission (CBM). Er war kürzlich im Südsudan und weiß viel darüber zu berichten. "Ich habe ein Land erlebt, in dem nichts und niemand sicher ist", so van Herwijnen. "Menschen, die eigentlich für Recht und Ordnung sorgen sollten, zum Beispiel die Polizei und das Militär, wurden seit Monaten nicht bezahlt. Mit anderen Worten: Menschen, die eine Waffe mit sich führen, haben nichts zu essen. Das ist brandgefährlich." Niemand sei dort sicher – auch nicht die Mitarbeiter:innen der CBM oder anderer Hilfsorganisationen.

Die Blindenmission unterstützt die Augenabteilungen der Krankenhäuser und behandelt die Menschen in den Flüchtlingslagern. Seit dem Bürgerkrieg und seiner Unabhängigkeit sei das Land instabil und bankrott, so van Herwijnen. Zusätzlich haben massive Überschwemmungen viele Menschen in Flüchtlingslager vertrieben. "Durch die katastrophalen Zustände – durch Fliegen, den Dreck und verunreinigtes Wasser – haben sich Augenkrankheiten ausgebreitet", berichtet van Herwijnen. CBM-Mitarbeiter untersuchten die Augen der Menschen und behandelten sie bei Bedarf, um Sehbehinderungen und Blindheit zu verhindern. "Im Südsudan zu überleben ist so schon schwer genug. Stellen Sie sich vor, Sie sind dann auch noch blind", so van Herwijnen. Es gehe um Leben und Tod: "Wenn wir den Menschen nicht helfen, sterben sie – das ist die Realität."

Tom van Herwijnen ist Sicherheitsexperte bei der Christoffel Blindenmission.

In den Krankenhäusern seien die Menschen auch nicht sicher. "Ich habe das Rubkona-Krankenhaus an der Grenze zum Sudan besucht und in der Ambulanz waren die Wände von Kugeln durchlöchert."

Tom van Herwijnen sorgt für die Sicherheit bei der Blindenmission. "Meine Aufgabe ist es, dafür zu sorgen, dass die Menschen, die für die CBM in die Einsatzgebiete gehen, sicher wieder nach Hause kommen." Auch Krisenmanagement gehöre dazu. "Wenn es einen Überfall auf einen CBM-Mitarbeiter in einem Projektland geben sollte oder wenn jemand entführt wird, werde ich angerufen – auch nachts. Ich glaube, vielen ist gar nicht klar, dass die Menschen, die für Hilfsorganisationen im Einsatz sind, ihr Leben riskieren", so van Herwijnen.

Die Mission wünscht sich von der Bundesregierung Wertschätzung ihrer Arbeit und die drücke sich auch in finanzieller Unterstützung aus. Tom van Herwijnen: "In Krisengebieten zu helfen und sie zu stabilisieren, bedeutet in Zeiten der Globalisierung die Stärkung der weltweiten Sicherheitslage. In diesen Zeiten den Etat für Humanitäre Hilfe und Entwicklungszusammenarbeit zu kürzen ist das falsche Signal."

Die Christoffel-Blindenmission (CBM) zählt zu den international führenden Organisationen für inklusive Entwicklungszusammenarbeit. Sie unterstützt Menschen mit Behinderungen in den ärmsten Ländern der Welt – und das seit mehr als 115 Jahren. Gemeinsam mit ihren lokalen Partnern sorgt sie dafür, dass sich das Leben von Menschen mit Behinderungen grundlegend und dauerhaft verbessert. Sie leistet medizinische Hilfe und setzt sich für gleichberechtigte gesellschaftliche Teilhabe ein. Ziel ist eine inklusive Welt, in der Menschen mit und ohne Behinderungen ihre Fähigkeiten einbringen können und niemand zurückgelassen wird. Im vergangenen Jahr förderte die CBM 379 Projekte in 40 Ländern.