Die westfälische Präses Annette Kurschus und die nordrhein-westfälische Familienministerin Christina Kampmann (SPD) riefen zuvor zu einem größeren Einsatz für Flüchtlinge auf. Der Vorsitzende von Pro Asyl, Andreas Lipsch, warnte vor einer Abschaffung des Grundrechtes auf Asyl durch das Flüchtlingsabkommen zwischen der EU und der Türkei.
Ministerin Kampmann dankte den Kirchen und allen, die sich ehrenamtlich für Flüchtlinge einsetzen. Die Kirchen lebten vor, was Nächstenliebe in dieser Welt bedeute: "Christliche Nächstenliebe macht keinen Unterschied zwischen Menschen unterschiedlicher Herkunft und Religion", betonte die Ministerin.
Die westfälische Präses Kurschus kritisierte Ausgrenzung und Hassparolen gegenüber Flüchtlingen. "Gott und Christus würden wohl als erste die Flucht ergreifen, wenn wir es so weit kommen ließen?, sagte die leitende Theologin vor rund 2.500 Menschen im Stadion. Zur Reformation vor bald 500 Jahren gehöre auch die Erfahrung, dass sich der Unmenschlichkeit etwas entgegensetzen lasse, dass Fremdheit ausgehalten und überwunden werden könne. Kurschus begrüßte etwa 500 in Westfalen angekommene Flüchtlinge und über tausend meist ehrenamtliche Helfer.
Der Pro Asyl-Vorsitzende Andreas Lipsch kritisierte das Flüchtlingsabkommen zwischen der EU-Türkei. Eine sorgfältige Prüfung der Asylanträge komme dabei zu kurz. Wenn das Abkommen so umgesetzt werde, gebe es das individuelle Recht auf Asyl nicht mehr. "Das dürfen wir nicht zulassen", mahnte er. Nach dem EU-Türkei-Pakt sollen Asylsuchende und Migranten, die "irregulär" über die Ägäis nach Griechenland gelangen, in die Türkei zurückgebracht werden, im Gegenzug soll eine begrenzte Zahl syrischer Flüchtlinge aus der Türkei legal nach Europa kommen dürfen.
Potenzial von Zuwanderern stärker nutzen
Der Generalsekretär des Weltkirchenrates in Genf, Olav Fykse Tveit, erklärte, dass gegen Sünde nur Umkehr helfe. Dazu gehöre die wache Bereitschaft, das Böse beim Namen zu nennen. Diese Umkehr sei für Europa nötig und möglich. Markus Langer von Evonik Industries unterstrich, dass auch aus Sicht der Wirtschaft das Potenzial von Zuwanderern stärker genutzt werden müsse.
Bis Sonntag werden insgesamt 20.000 Teilnehmer sowie zahlreiche Prominente zu dem regionalen Kirchentag erwartet. Zu den Angeboten gehören Bibelarbeiten, Diskussionsforen, Workshops, Kulturangebote und ein Markt der Möglichkeiten. Ein Hauptthema ist der Umgang mit Flüchtlingen. Als Referenten sind unter anderen der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Heinrich Bedford-Strohm, und Kanzleramtschef Peter Altmaier (CDU) angekündigt.
Das Festival ist Teil des Themenjahres "Weite wirkt" der drei evangelischen Landeskirchen in Nordrhein-Westfalen mit Blick auf das 500. Reformationsjubiläum im kommenden Jahr. Schirmherrin ist NRW-Ministerpräsidentin Hannelore Kraft.