Auf manche Fragen gibt es keine Antworten. Auch nicht auf einem Kirchentag, und auch nicht, wenn Vertreter verschiedener Kirchen gemeinsam danach suchen. Die Frage nach der Einheit der Kirche ist so eine. Lutheraner, Reformierte, Freikirchen, Katholiken, Altkatholiken, Orthodoxe… Niemals werden alle Kirchen eins sein. Oder sind sie es vielleicht schon? Was bedeutet Einheit eigentlich?
"Irgendwie habe ich den Eindruck, wir kommen nicht mehr weiter. Die ökumenischen Differenzen werden nur noch verwaltet", sagte Wolfgang Thierse, Mitglied des Zentralkomitees der Deutschen Katholiken, bei einem Podium zur Unterschiedlichkeit der Kirchen. Thierse ist Mitverfasser eines Aufrufs prominenter Katholiken zu mehr Ökumene. Ausdrücklich ermutigt er evangelische und katholische Christen an der Basis, noch mehr gemeinsam zu machen, auch das Abendmahl zu feiern. "Unser Glaubensbekenntnis ist doch gleich, außer in einem Wort."
Wolfgang Thierse ist ungeduldig. Er will Ökumene jetzt. Links neben ihm: Moderator Thomas Adomeit. Foto: Anne Kampf/evanglisch.de
Andrea Schneider, Pastorin und Rundfunkbeauftragte der Vereinigung Evangelischer Freikirchen, meinte auch: "Einheit erleben die Leute doch vor Ort, wenn sie miteinander unterwegs sind." Man hat tatsächlich den Eindruck, an der Basis sind alle Christen längst "eins". Die trennenden theologischen Fragen interessieren die meisten gar nicht so sehr – abgesehen von den konfessionsverbindenden Ehen, die unter den Regeln der katholischen Kirche leiden.
Trotzdem wurde auf dem Podium immer wieder betont, wie gut Vielfalt sei. Flucht nach vorn - wenn das mit der Einheit auf Amtskirchen-Ebene nun mal nicht klappt. Die Kirchen in ihrer Unterschiedlichkeit könnten einander "Stachel sein", schlug Schneider vor, was Wolfgang Thierse gefiel. Gemeint war, sich gegenseitig zu sagen, was man verbessern könnte: Bei den Katholiken den Zugang von Frauen zum Priesteramt, bei den Protestanten die mangelnde Eindeutigkeit in ethischen Fragen.
Olav Fykse Tveit hat den schwierigsten Job, wenn es um Einheit der Kirchen geht: Er ist Generalsekretär des Ökumenischen Rates der Kirchen. Tveit machte eine Mini-Bibelarbeit mit der Geschichte vom Turmbau zu Babel: Darin richtet Gott eine Sprachverwirrung unter den Menschen an, die gemeinsam einen großen Turm bauen wollen. "Artenvielfalt ist sogar eine Erfindung Gottes", so legte Tveit die Geschichte aus. Die Aufgabe an alle sei, sich miteinander zu verständigen. "Der einzige, der weiß, was Einheit ist, ist Gott."