Jona heißt jetzt Adrián

Außergewöhnliche Begegnung
Jona heißt jetzt Adrián
In Chile wurde tatsächlich ein Mann von einem Wal verschluckt – und wieder ausgespuckt

Jona und der Wal: Eine der dankbarsten Geschichten für Kinderbibeltage und ähnliche Veranstaltungen. Da ist was geboten! Das kann man so wunderbar vorspielen! Eine Heldengeschichte mit happy end (na ja, mit mehreren Aufs und Abs, wenn wir ehrlich sind).

Und die Geschichte von Jona hat auch alles, was es braucht für einen actionreichen Kinderbibeltag mit persönlichem Bezug zum Leben der Kids. Einen Auftrag von Gott (Jona soll nach Ninive gehen und den Leuten predigen), Verweigerung, Flucht, Untergang, Rettung. Und diese seltsame Erzählung, dass Jona über Bord geworfen wurde, von einem Wal gefressen und nach drei Tagen wieder ausgespuckt wurde.

Schon als Kind habe ich mich gefragt, ob das überhaupt geht. Und wie der arme Kerl da im Bauch Luft kriegen konnte. Gab’s da ein Bett, eine Lampe, einen Stuhl, Vollpension? Wenigstens was zu trinken? Oder stank alles nur ganz fürchterlich nach Fisch? Alles irgendwie seltsam.

Aber na ja – nun hat ein Wal doch tatsächlich den Beweis angetreten. Und das Ganze ist sogar noch auf Video festgehalten. OK, das Video dauert keine drei Tage, sondern nur ein paar Sekunden. Trotzdem zeigt es, wie der junge Adrián Simancas vor der Küste Chiles samt Kajak von einem Wal verschluckt wird – und kurz danach wieder ausgespuckt wird!

Ja gut – er war nur kurz im Mund des Wals. Und da gehört er nicht wirklich hin. Der Wal hat ihn wahrscheinlich überhaupt nicht gesehen, der war nur auf Krill aus, also eher kleines Zeug (wie viel von dem Kleinzeug braucht so ein großer Wal eigentlich am Tag?). Menschen gehören eher nicht auf die Speisekarte von Buckelwalen, die sind viel zu groß. Die passen gar nicht in den Verdauungstrakt, schon gar nicht drei Tage lang. Keine Vollpension, kein Bett, nur Fischgeruch.

Vielleicht gab es ja damals, als die Geschichte von Jona entstand, ein ähnliches Erlebnis, das in die Erzählung eingeflossen ist. Wir kennen das doch: Aus drei Sekunden wurden drei Minuten, dann drei Stunden und schließlich drei Tage.

An der Geschichte von Jona ändert sich dadurch in meinen Augen wenig. Es geht nach wie vor um einen einfachen, fehlbaren Menschen, der vor einer Aufgabe wegläuft, die ihm zu groß erscheint. Doch Gott – Gott zeigt ihm: „Ich vertraue darauf, dass du das schaffst“. Gott beauftragt ihn erneut: Geh nach Ninive! Und diesmal geht Jona, fordert die Menschen zur Umkehr auf – und diese ändern tatsächlich ihr Leben.

Was dann Jona auch wieder nicht passte: Denn das von ihm angekündigte Strafgericht Gottes blieb aus. Bekanntes Problem: Das Präventionsparadox. Auch bekannt vom Waldsterben und vom Ozonloch, leider aber eher nicht von der viel größeren Klimakrise: Leute mit Ahnung kündigen an: „Wenn ihr euch nicht ändert, passiert das und das“. Die Menschen ändern sich (verbieten FCKW, ändern ihr Leben in Ninive …), angekündigte Konsequenzen bleiben deshalb aus oder werden wenigstens viel kleiner, die Leute mit Ahnung stehen blöd da, weil das, was sie dramatisch angekündigt haben, ja nicht eintritt. Und nächstes Mal (bei der Klimakrise) glauben die Leute ihnen dann nicht mehr.

Nun ja. Wer hat’s erfunden? Jona. Der Präventionsparadoxexperte der ersten Stunde. Mit Fischgeruch.

Allerdings – gegen plötzliche Walverschluckung hilft vermutlich keine Prävention. Außer der: Paddeln Sie nicht mit Ihrem Kajak mitten im Krill-Zielgebiet von Buckelwalen herum. Und: Tun Sie bitte alles, um den Klimawandel zu stoppen. Selbst wenn wir dann nachher blöd dastehen sollten. Danke.

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