Die Bibel führt zur Wahrheit 

Die Bibel führt zur Wahrheit 
Eine CSU-Ortsgruppe hatte eine interessante Idee, einen Abweichler in den eigenen Reihen zu finden.

Eklat im bayerisch-fränkischen Karlstein am Main: Obwohl die CSU 11 von 20 Gemeinderatsmitgliedern stellt, wurde nach dem Ausscheiden des bisherigen Amtsinhabers nicht wieder ein CSU-Mitglied als Dritte Bürgermeisterin gewählt, sondern der SPD-Gegenkandidat – also mit 10 Gemeinderatsstimmen plus der Stimme des FDP-Bürgermeisters. Wer hatte da gegen die eigene CSU-Fraktion gestimmt?

Zum Verständnis muss man vielleicht erwähnen, dass in anderen Gemeinden durchaus Erste, Zweite und Dritte Bürgermeister/innen verschiedener Parteien im Einvernehmen der vertretenen Fraktionen gewählt werden. Die CSU in Karlstein jedoch hatte ihre Mehrheit schon immer dazu genutzt, die Posten für ihre eigene Partei zu sichern. Doch nun war offenbar einer oder eine aus der Fraktionsdisziplin ausgeschieden. Vermutlich, weil er oder sie dieses Verhalten nicht rechtens fand. Doch wer? Wie könnte man nach einer geheimen Wahl herausfinden, wer der Abweichler war?

Da besann sich die CSU offenbar auf das „C“ in ihrem Namen. In einer internen Sitzung holte ein Ortsvorsitzender eine Bibel hervor und ließ alle anwesenden Gemeinderäte auf die Bibel schwören, dass sie ihre eigene Kollegin gewählt hatten und nicht den SPD-Kandidaten. 

Die Spannung stieg. Dramatik pur: Tatsächlich hatten zehn der elf schon ihren Schwur geleistet, als der pensionierte Religionslehrer und Zweite Bürgermeister Richard Pfannmüller die Hand auf die Bibel legte – und sprach: „Ich schwöre, dass ich nur nach meinem Gewissen gewählt habe.“ 

Die Geschichte hatte sich schon vor einigen Monaten zugetragen, wurde aber jetzt erst bekannt, als Pfannmüller gefragt wurde, warum er im kommenden Jahr nicht mehr für den Gemeinderat kandidiere. 

Dürfen Christen überhaupt schwören? Sagte Jesus nicht „Eure Rede aber sei: Ja, ja; nein, nein. Was darüber ist, das ist vom Bösen“? (Mt 5,37) Geht es nicht gerade darum, dass wir ehrlich und wahrhaftig miteinander umgehen und einander vertrauen können? Und umgekehrt: Sollte eine geheime Wahl nicht genau das bleiben – geheim? Sollte ausgerechnet die Bibel dazu hergenommen werden, dieses demokratische Grundprinzip unseres Grundgesetzes zu hintergehen? Und welche Chance hätte der Abweichler gehabt, seine Wahl geheim zu halten? 

Wenn jemand in einer Gruppe, der ich angehöre, auf solche Ideen käme, würde ich dem jedenfalls sehr deutlich Einhalt gebieten. Da würde ich nicht schwören, egal, ob ich selbst etwas zu verbergen hätte oder nicht. Isch schwör.

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