Die von der Diakonie Niedersachsen gestiftete Stele neben dem Museum der Kurstadt war vor genau einem Jahr, am 16. März 2024, im Beisein von Betroffenen eingeweiht worden. Sie war das bundesweit erste Mahnmal für das milionenfache Leid der Kinder, die auch Kurenkinder genannt werden.
"Auch wenn die Stele das erlittene Leid nicht wieder gut machen kann, soll sie ein Zeichen der Anerkennung dafür sein, dass wir die Betroffenen und ihre Erzählungen ernst nehmen", sagte der Diakonie-Vorstandssprecher Hans-Joachim Lenke. Neben den realen Erfahrungen sei es für die Kinder das Schlimmste gewesen, dass sie nicht gehört worden seien und dass ihnen nicht geglaubt wurde. "Sie verstummten, über Jahrzehnte." Deshalb stehe auf der 1,30 Meter hohen Stele das biblische Wort "Tu deinen Mund auf für die Stummen."
Zwischen Ende der 1940er- bis in die 1980er-Jahre wurden in Deutschland rund zwölf Millionen Jungen und Mädchen in Kinderkurheime verschickt, um dort gesundheitlich aufgepäppelt zu werden. Doch viele von ihnen kehrten traumatisiert zurück. Sie berichteten von Essenszwang durch das Pflegepersonal bis hin zum Erbrechen und von harten Strafen wie Schlafentzug oder Ans-Bett-Fesseln.
Eines der bundesweit rund 1.900 Kurheime an der See, in den Bergen oder in Kurorten war das "Waldhaus" in Bad Salzdetfurth. Dort kam es im Frühjahr 1969 zu drei tragischen Todesfälle. An den Tod der Kinder Stefan, Kirsten und André will die Diakonie besonders erinnern.
Am 18. März 1969 starb der siebenjährige Stefan aus Obernkirchen bei Stadthagen. Wahrscheinlich erstickte er, weil er zu spät zum Abendessen kam und daraufhin gezwungen wurde, es hinunterzuschlingen. Zwölf Tage später, am 30. März, starb die sechsjährige Kirsten aus Hamburg, offiziell an einer Infektion. Es fanden sich aber auch Speisereste in ihrer Lunge. Am 18. Mai schließlich kam der dreijährige André aus Berlin ums Leben. Er war von drei anderen Jungen im Haus brutal verprügelt worden.
Das "Waldhaus", ein inzwischen abgerissenes Fachwerkhaus am Rand des Kurortes, befand sich damals in Trägerschaft der evangelischen Inneren Mission, einer Vorläuferin der Diakonie.