Hartnäckig hält sich das Gerücht, in Deutschland würden reihenweise Weihnachtsmärkte in Wintermarkt umbenannt, um Nichtchristen nicht mit ihnen fremden Ritualen zu belästigen. Mal abgesehen davon, dass denen das meist ziemlich wurscht ist, wie das Ding heißt, solange es da Bratwürste, Schokofrüchte und vor allem Glühwein gibt: Das Ganze ist auch noch nicht mehr als ein Missverständnis; in ganz Berlin, wo die Sache angeblich stattfand, konnte die TAZ keinen einzigen umbenannten Weihnachtsmarkt ausfindig machen, wohl aber die Geschichte, wie es zu diesem Gerücht kam.
Danke, liebe Bürgerinitiative! Endlich haben wir es schwarz auf weiß, oder besser gesagt: Bunt auf bunt. Weihnachten – das typisch germanische Urfest! Seit Jahrtausenden, schon vor der Christianisierung! Fängt ja auch mit W wie Wotan an. Übrigens gibt es hier auch die typisch deutschen Bratwürste, seit sie 1018 v. Chr. in Nürnberg von Albrecht Dürer erfunden wurden. Schon Homer im alten Griechenland lobte diese Bratwurst, im Mittelalter kam sie zu einer echten Blüte. Auch der Glühwein ist schon seit Tausenden von Jahren auf deutschen Weihnachtsmärkten präsent, genauer gesagt seit Winter 1956, als Rudolf Kunzmann in Augsburg zum ersten Mal Wein mit Gewürzen vermischte und das Ganze in Flaschen abfüllte. Anders ist es mit dem Döner, einer vermutlich deutschen Erfindung (Kadir Nurman 1972 in Berlin), die sich auf Weihnachtsmärkten niemals durchsetzen wird. NIEMALS! Wir sind schließlich das Volk! Ähm.
####LINKS####Nun gut, zurück zum jahrtausendealten Weihnachtsmarkt. Auch der Weihnachtsbaum, eine Erfindung des Mittelalters und etwa seit dem 18. Jahrhundert wirklich populär, steht dort natürlich an zentraler Stelle seit etwa 2000 vor Christus, immer schön neben der Krippe und dem Jesuskind, das wir selbstverständlich schon lange vor der Christianisierung kannten.
Nun mag der eine oder die andere einwenden: Es gab ja Vorläufer des Weihnachtsfestes. Sonnwendfeste. „Sol invictus“ und so weiter. Sicher gab es die. Doch warum sollen wir unsere Weihnachtsmärkte dann unbedingt Weihnachtsmarkt nennen? Wäre dann nicht Sonnwendmarkt, Wintermarkt oder ähnliches die viel treffendere Bezeichnung? Vielleicht einfach sogar „emotional ansprechender Verkaufsmarkt mit Düdelisationshintergrund“? Das wäre doch ehrlich. Ach, liebe (nein, nicht liebe, eigentlich ziemlich böse) Bürgerinitiative in Gohlis, an diesem Punkt – und vielen anderen – kommen wir nicht zusammen.
Bleibt noch die Stadt Worms zu erwähnen, die dieser Tage ein Krippenspiel am Weihnachtsmarkt verbot. In diesem Krippenspiel sollte durch Lesung der biblischen Geschichte sowie durch einen erfundenen Dialog auf das Schicksal von Flüchtlingen aufmerksam gemacht werden – schließlich waren auch Jesus, Maria und Josef Flüchtlinge in Ägypten. Aber nein, das könnte ja zu Irritationen führen. Ein Gericht befand, dass dieses Krippenspiel dem Recht auf ungestörten Weihnachtsmarktbesuch entgegensteht.
Zu schade, dass wir Kirchen nicht das Copyright auf den Begriff „Weihnachten“ haben. Der Stadt Worms – und wohl auch vielen anderen – sollten wir ihn entziehen. Wenn es wirklich nur noch um Verkauf, ein gutes Gefühl und Düdelü geht, dann sollten wir es auch so kennzeichnen. Vielleicht könnte man über das Einklagen einer „zugesicherten Eigenschaft“ da was drehen. Sollen unsere Kirchenjuristen mal ran.
Ich wünsche Ihnen noch viel Spaß auf Ihrem örtlichen emotional ansprechenden Verkaufsmarkt mit Düdelisationshintergrund. Trinken Sie nicht zu viel Glühwein. Und frohe Weihnachten allerseits. Damit Sie's nicht vergessen über der ganzen Düdelei: Gottes Sohn ist Mensch geworden. Als armes, kleines Kind kam Gott in unsere Welt und versöhnte uns mit sich selbst. Dieses größte aller Wunder feiern wir. Prost – es möge nützen.