Ein Krippenspiel im Museum aber ohne Kind

Ein Krippenspiel im Museum aber ohne Kind

"Warum man in ein piekfeines Museum Sand karrt, entzieht sich meinem Verständnis," äußerte sich gegenüber der Zeitung ein Besucher des Einvironments Von Paul Thek im Jahr 1973. Das Werk des amerikanischen Künstlers wird auf weitestgehendes Unverständnis gestoßen sein: Ein Krippenspiel im Museummit Waisenkindern, aber dann doch kein traditionelles. Leider existieren von diesem Happening nur noch Photos. Diese und weitere Materialien zu ddem Mythenkosmos Theks sind jetzt im Wilhelm-Lehmbruck-Museum zu sehen.

Wenn man sich die Zeichungen und Regieanweisungen anschaut wird allerdings recht schnell klar: Mit christlicher Symbolik oder Botschaft hatte Paul Thek es nicht. Er erfindet eine eigene Mythenwelt, bedient sich bei vorchristlichen Religionen, skizziert einen Salzkegel und schreibt darunter "Papst", Tänzer drehen sich um ihre eigene Achse wie die Derwische aus dem Islam. Liest man sich die Zeitungsberichte der damaligen Zeit durch, so wird klar: Es geht Paul Thek vielleicht um die Bewahrung der Schöpfung, wenn er in die Mitte der Krippe eine zarte Weltkugel in den Sand legt. Aufbruchstimmung lag damals in der Luft, Beuys etwa, die Documenta von 1972 - die Kunst befand sich in einem radikalem Wandel.

Was das mit dem Thema Glauben zu tun hat, denn Stil haben diese Skizzen und Arbeiten von Paul Thek durchaus - zeichnen konnte der verstorbene Künstler auch noch ausgezeichnet und mehrere Plastiken sind von ihm in der Ausstellung vorhanden? Nun, der Bezug zur Weihnachtsgeschichte ist offensichtlich. Wenn jemand schon ein Krippenspiel in einem Museum um die Weihnachtszeit aufführt - zudem gab es noch eine Podiumsdiskussion, bei der die Vertreter der damaligen evangelischen und katholischen Kirchengemeinde Duisburgs vorhanden waren. Thek hat sich ein eigenes Mythologie-Gebäude erschaffen, in dem er sich das aus den Religionen nimmt was ihm gefällt und Symbole auch mal umdeutet. Was allerdings genau der Goldfisch im Glas damit zu tun hat? Gute Frage.

Immerhin ist diese Ausstellung im Lehmbruck-Museum durchaus faszinierend - die Weisheiten Paul Theks stecken belanglos dahingekritzelt in seinen Skizzen zur Aufführung des Krippenspiels. Die Photos und die Aktendokumente verdeutlichen, wie bahnbrechend damals die Lösung vom Objekt hin zur tätigen, gerade stattfindenen Schauspieler- und Künstlerarbeit geht. Man sollte sich das anschauen und sich sein eigenes Bild machen - tief religiös ist diese Ausstellung jedenfalls, wenn auch vielleicht nicht so wie wir das heute verstehen würden.

weitere Blogs

Martinstag ist ein schöner Feiertag: die bunten Lichter im Novembergrau, die Martinsmänner, die Geschichte vom geteilten Mantel.... aber man kann noch viel mehr tun, als dieser Bischof von Tours.
Manche halten sie einfach für Drag Queens, doch die Schwestern der Perpetuellen Indulgenz sind eine nicht-religiöse Ordensgemeinschaft mit sehr klarem Auftrag. Einblicke aus dem Ordensalltag von Sr. Magdalena.
... darüber dass Schönheit nicht aufhört