Im April 2025 jährt sich die Hinrichtung Dietrich Bonhoeffers zum achtzigsten Mal. Im Dezember zuvor schrieb er seiner Verlobten Maria von Wedemeyer in einem bewegenden Brief: „Wenn es im alten Kinderlied von den Engeln heißt: ‚zweie, die mich decken, zweie, die mich wecken‘, so ist diese Bewahrung am Abend und am Morgen durch gute unsichtbare Mächte etwas, was wir Erwachsenen heute nicht weniger brauchen als die Kinder.“ Dann folgt sein Gedicht-Gebet „Von guten Mächten“, das mir zu Herzen geht wie kaum ein anderes, ahnte er doch, was ihm bevorstand:
Noch will das alte unsre Herzen quälen,
noch drückt uns böser Tage schwere Last.
Ach Herr, gib unsern aufgeschreckten Seelen
das Heil, für das du uns geschaffen hast.
Ich denke oft an seine Verse, weil sie mir zeigen, wie gut wir es haben. Wie anders wir mit dem umgehen könnten, was wir erleben. Und mit Menschen, die uns umgeben. Wie gut es uns täte, ein bisschen mehr Gottvertrauen zu haben, trotz allem. Und ein bisschen demütiger zu sein, wenn wir uns aufregen über dies und das, wenn wir uns wieder empörten über diese oder jene und allzu schnell urteilen über sie. Vielleicht hilft es da, sich zu erinnern, was Bonhoeffer schrieb und in welch auswegloser Lage er es tat; ein Zustand, den wir uns gar nicht vorstellen können, Gott sein Dank:
Und reichst du uns den schweren Kelch, den bittern
des Leids, gefüllt bis an den höchsten Rand,
so nehmen wir ihn dankbar ohne Zittern
aus deiner guten und geliebten Hand.
Mich erinnern seine Worte an Jesus, der im Garten Gethsemane zu seinen Jüngern sagte: „Meine Seele ist zu Tode betrübt. Bleibt hier und wacht mit mir!“ Dreimal bat er sie, mit ihm zu wachen. Doch! sie! schliefen! Dreimal flehte er Gott an: „Mein Vater, wenn es möglich ist, gehe dieser Kelch an mir vorüber.“ Um dann dreimal gottergeben zu beten: „Aber nicht wie ich will, sondern wie du willst.“
Genauso gottergeben schrieb Bonhoeffer seine Verse. Als Neujahrsgruß. Und beendete sie mit den angesichts seiner Situation unfassbaren, tiefgläubigen Worten:
Von guten Mächten wunderbar geborgen,
erwarten wir getrost, was kommen mag.
Gott ist bei uns am Abend und am Morgen
und ganz gewiss an jedem neuen Tag.
Jetzt, da sich unser Jahr dem Ende neigt, mit all seinen Höhen und furchtbaren Tiefen, will auch ich seine Zeilen als Neujahrsbotschaft sehen. Als Ermutigungsbotschaft für uns. Und wenn die Botschaft uns einmal nicht erreicht, wünsche ich mir Engel, die Bonhoeffer in seinem Brief erwähnte: „Zweie, die mich decken, zweie, die mich wecken.“ Schließlich hat Gott ihnen befohlen, uns zu behüten auf allen unseren Wegen. Am Abend und am Morgen.
Und ganz gewiss an jedem neuen Tag.