Die Sea-Watch-Crew kämpft mit den Behörden

Die Sea-Watch-Crew kämpft mit den Behörden
Einsatzleiter Phillip Hahn mit Walkie Talkie
©epd-bild/Thomas Lohnes
Einsatzleiter Philipp Hahn sieht im Verhalten der italienischen Behörden ein klare Taktik: Geltendes Recht werde gebogen, um ein baldiges Wiederauslaufen der "Sea-Watch 4" zu verhindern.
Philipp Hahn, Einsatzleiter der "Sea-Watch 4" bemüht sich, dass das Rettungsschiff bald wieder auslaufen kann. Doch die italienischen Behörden tun ihrerseits alles, damit genau das nicht passiert. Ein Update zur Situation an Bord der Bündnisschiffes.

"Wir sind hier an Bord am zwölften Tag von einer insgesamt 14-tägigen Quarantäne, die uns von den italienischen Behörden aufgebrummt wurde", sagt Einsatzleiter Philipp Hahn zur aktuellen Situation der "Sea-Watch 4", die derzeit nur wenige Seemeilen vor der sizilianischen Küstenstadt Palermo vor Anker liegt. Dort wolle er mit dem Schiff auch gern bleiben, da sich die Crew als "im- Transit" begreifen. Die italienischen Behörden hingegen möchten die "Sea-Watch 4" im Hafen sehen, um technische Untersuchungen einzuleiten, deren Folge aller Voraussicht nach sein wird, das Schiff am baldigen Wiederauslaufen zu hindern.

Drohnenaufnahme der "Sea-Watch 4" in der Quarantäne am 14.09.2020 vor Palermo.

Hahn sieht hinter der 14-tägigen Quarantäne, die die Crew der "Sea-Watch-4" nach Forderungen der italienischen Behörden absolvieren muss, noch weitere Gründe als rein gesundheitliche. Denn niemand außer den Seenotrettern mit ihren NGO-Schiffen müsse eine derart lange Quarantäne einhalten. Normalerweise reichten 7 Tage aus. Natürlich halten er und die Besatzung der "Sea-Watch 4" diese behördlichen Auflagen ein. "Wir haben sogar schon einen selbstfinanzierten Test auf Covid-19 mit der gesamten Crew gemacht, um auszuschließen, dass sich jemand angesteckt hat", sagt Hahn. Der Test, der vom italienischen Roten Kreuz gemacht wurde, fiel für die gesamte Crew negativ aus.

Crew will zurück nach Spanien

Da sich die "Sea-Watch 4" nach wie vor auf dem Transit, also der Durchfahrt befindet, wollen Hahn und sein Team nach der abgelaufenen Quarantäne-Zeit wieder in den Heimathafen nach Burriana in Spanien aufbrechen. Denn ist das Schiff auf dem Transit, gebe es keine Veranlassung, eine technische Untersuchung in einem italienischen Hafen machen zu müssen. "In Burrina würden wir gern die Crew austauschen und nach einigen kleinen Reparaturen, die es immer gibt, wieder zu unseren Einsätzen in die SAR-Zone fahren."  Die italienischen Behörden versuchten jedoch genau das verhindern. "Das haben sie schon mit anderen Schiffen von uns so gehandhabt - unter anderem mit der "Sea-Watch 3", weiß Hahn. Das Szenario sei dann so, dass die Behörden technische Untersuchungen durchführten und auf diese Art und Weise versuchten, das Schiff am Auslaufen zu hindern.

Dass das auch die Zukunft der "Sea-Watch 4" ist, vermutet Hahn stark. Denn die italienischen Behörden hätten bereits angekündigt, dass sie die technische Untersuchung durchführen werden. Dafür hätten sie das italienische Gesundheitsministerium angewiesen, die "Sea-Watch 4" solange mit der Quarantäne vor Palermo zu halten, bis diese Untersuchung stattfinden kann.

Juristisches Spiel

"Das bedeutet, dass hier Gesundheitsregularien genutzt werden, um das Schiff festzuhalten. Hier arbeiten Behörden Hand in Hand, um das Retten von Menschenleben zu verhindern", sagt Philipp Hahn. Rein rechtlich sei das Verhalten der italienischen Behörden zweifelhaft, meint der Einsatzleiter. "Sea-Watch" lasse die Vorgehensweise durch seine Anwälte prüfen. Tatsächlich ist ein Einspruch jedoch immer nur im Nachhinein möglich, so der Einsatzleiter. Hier werde ein juristisches Spiel gespielt, das die Behörden im Nachhinein zwar verlören, aber insoweit gewännen, als die "Sea-Watch 4" erstmal am Auslaufen gehindert wird.

Einsatzleiter Philipp Hahn bei einer Übung an Bord der "Sea-Watch 4".

Hahn sieht in dem Verhalten der Behörden ein klare Taktik: "Hier wird sich nicht gescheut, geltendes Recht so zu biegen, dass wir daran gehindert werden, unsere Rettungsmission durchführen zu können." Er betont, dass sich die Besatzung der "Sea-Watch 4" immer an geltendes Recht gehalten habe, die eigenen Schritte habe man stets transparent gemacht. "Wir haben auch stets über die Massnahmen informiert, die wir umsetzen, um der Covid-19-Pandemie zu begegnen." Trotz alledem nutzten die Behörden jegliche "Tricks", um das Schiff am Auslaufen zu hindern. Für die Crew sei dieses Verhalten "frustrierend und auch traurig machend".

 

 

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