Gras, Gräser, am Grästen

Gras, Gräser, am Grästen

Laut Duden ist ein Lückenfüller "etwas, was eine Lücke überbrückt, vorübergehend ausfüllt". Was die Gräser in meinem Garten betrifft, trifft es das recht gut. Nur das mit dem "vorübergehend" haut nicht hin, denn die meisten Gräser sind mehrjährig. In den zurückliegenden Monaten habe ich immer mal wieder spontan ein Ziergras gekauft, das mir gefallen hat, nur um dann zu Hause festzustellen, dass ich gar nicht so recht weiß wohin damit.  Also quetschte ich sie irgendwo ins Beet, da, wo gerade Platz war. Und dort stehen sie nun, etwas unmotiviert und aus dem Kontext gerissen - ein 15 Zentimeter hoher Bärenfellschwingel wirkt etwas lächerlich, wenn er sich einsam neben einer zweieinhalb Meter hohen Sonnenblume duckt.

Dabei haben viele Ziergräser gerade jetzt im Herbst ihre beste Zeit. Wenn sich die anderen Stauden langsam verabschieden und kahl werden, machen Grasbüschel, die sich im Wind wiegen, durch die die niedrig stehende Sonne blinzelt oder auf denen morgens der Tau funkelt Hoffnung darauf, dass gartenmäßig noch nicht alles vorbei ist.

Manche Gräser machen schon allein durch ihre Erscheinung etwas her. Wenn sie beeindruckend groß und buschig sind, können sie ganz für sich allein mitten im Rasen stehen, sie wirken dann eher wie ein Strauch. Andere kommen im Zusammenspiel mit Blühpflanzen besonders gut zur Geltung. Allerdings nur, wenn man - anders als ich bisher - ein paar Grundregeln beachtet:

  • - Die Wuchshöhen des Grases und seiner Begleitpflanze sollten sich ergänzen. Das muss nicht unbedingt heißen, dass beide genau gleich hoch sein müssen. Wenn verschiedene Wuchshöhen gewählt werden, sollte jedoch auf die Balance geachtet werden: Eine sehr kompakte Pflanze wird besser durch ein "luftiges" Gras ergänzt, mehrere kleine Gräser bilden ein Gegengewicht zu einer größeren Pflanze.
  • - Ideal ist, wenn Gras und Blühpflanze zur gleichen Zeit blühen (da die meisten Gräser im Spätsommer und Herbst blühen, kommen Rudbeckien, Heleniums, Astern, Verbenen besonders in Frage). Doch Gräser eignen sich zum Beispiel auch dazu, im Frühjahr die verwelkenden Blätter von Zwiebelpflanzen zu verdecken.
  • - Gräser lassen sich auch miteinander kombinieren, zum Beispiel sieht ein Büschel großes  Miscanthus-Gras gut aus mit zwei oder drei mittelgroßen Gräsern und einigen Blühpflanzen neben sich.
  • - Höhere Gräser eignen sich auch als Hintergrund für etwas niedrigere Blühpflanzen, oder umgekehrt: kleine Gräser kommen vor buntem Hintergrund gut zur Geltung.

 

Es gibt hohe Gräser, niedrige Gräser, luftige Gräser, kompakte Gräser, grüne, blaue, rote und gelbe Gräser, feingliedrige Gräser, breitblättrige Gräser, Gräser für schattige und für sonnige Standorte, für trockene und nasse Böden. Kurz gesagt: Gräser bringen Farbe, Struktur, Abwechslung und Bewegung ins Beet, und es ist für jeden etwas dabei. Sie verdienen also größere Wertschätzung, als nur die Rolle des Lückenbüßers zu übernehmen. Man könnte auch sagen, dass sie für die Gartengestaltung unerlässlich sind. Oder, wie der Gartenphilosoph Karl Foerster es einmal ausgedrückt hat: "Gärten ohne Gräser sind grässlich."

Noch einige Tipps zur Auswahl und Pflege:

  • - Kompakte Gräser: Schwingel (Festuca), Sesleria robusta (Blaugras), Silberhaargras und Blutgras (Imperata), Seggen (Carex), Schlangenbart (Ophiopogon)
  • - Höhere Gräser für kalte Ecken und nasse Böden: Blaues Pfeifengras (Molinia caerulea), Rasen-Schmiele (Deschampsia cespitosa)
  • - Höhere Gräser für warme, sonnige Plätze: Miscanthus, Lampenputzergräser (Pennisetum), Federgras (Stipa)
  • - Als besonders anspruchslos und deshalb auch für schwierige Plätze geeignet preist die Royal Horticological Society Deschampsia cespitosa 'Goldtau', ebenso Stipa brachytricha
  • - Spät im Jahr kommen besonders gut zur Geltung: Neuseeland-Windgras (Anemanthele lessoniana), Diamantgras (Calamagostis brachytricha), Japan-Waldgras (Hakonechloa macra 'Alboaurea')
  • - Beste Pflanzzeit ist im April, auch zum Versetzen sollte man sich bis dahin Zeit lassen.
  • - Gräser müssen erst heruntergeschnitten werden, wenn sich die neuen Triebe zeigen. Bis dahin kann es stehengelassen werden und so auch im Winter für schöne Effekte sorgen und Insekten als Winterquartier dienen.

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