Peter Glazebrook ist unschlagbar. Der Rentner aus unserer Kleinstadt ist auch in diesem Jahr wieder Weltmeister im Schwergewicht. Und zwar in den Kategorien Zwiebel, Kohl, Kürbis, Tomate und Kartoffel. Wobei es nicht darum geht, wer das größte Gewicht stemmen kann - es darf bezweifelt werden, dass Peter Glazebrook seinen 54 Kilo schweren Gewinner-Kürbis allein zur Harrogate Flower Show im englischen York getragen hat - sondern wessen Gemüse am schwersten wiegt. Besonders die Zwiebel, mit der er seinen eigenen Weltrekord vom letzten Jahr geschlagen hat, macht den 68-Jährigen stolz: "Ich war sehr bewegt, denn ich war mir nicht sicher, ob ich es noch einmal schaffen würde", vertraute er der Regionalzeitung an. 8,195 Kilo wiegt das Monster. Peter Glazebrook wurde übrigens auch noch Längen-Weltmeister bei den Gurken, Bohnen und Lauchstangen.
Und ich war dabei. Zwar nicht beim wettkämpferischen Wiegen, aber immerhin habe ich die Giganten in Gemüsegestalt mit eigenen Augen gesehen. Und ich war beeindruckt. Wer wäre das auch nicht angesichts eines Kohlkopfs von 36,8 Kilo Gewicht, oder einer Tomate, die 3 Pfund und 1 1/4 Unzen wiegt (hier verließ die Kampfrichter offensichtlich die Lust, vom zwar vor 40 Jahren abgeschafften, aber bis heute in Großbritannien hartnäckig verwendeten Britischen Imperialsystem in das im Rest der Welt gebräuchliche Metrische System umzurechnen).
Noch mehr beschäftigt haben mich aber andere Fragen. Zum Beispiel: Wie bekommt man eine vier Meter lange Möhre aus dem Boden, ohne dass zumindest das dünne Ende abbricht? Braucht man dafür einen Schaufelbagger, oder eher das Werkzeug eines Archäologen? Und wie kommt es, dass sowohl Lauch als auch Möhren makellos sind? Die Rübchen, die ich vor ein paar Wochen aus unserer Gartenerde zog, waren gerade mal kleinfingergroß, krumm und schief und voller Kerben und Dellen. Die ausgestellten Gemüse hingegen, in Reih und Glied vor schwarzem oder weißem Hintergrund auf endlosen Tischreihen präsentiert: gerade gewachsen, von gleichmäßiger Farbe, schimmernd, ohne Löcher, Kratzer oder Falten oder gar Erde dran.
Die Antwort gab der Schwiegervater: Das Wettkampfgemüse wächst nicht in einem ordinären Beet, sondern in Schläuchen oder Rohren. Im Fallrohr einer Regenrinne zum Beispiel. In diese wird sehr feine, sandige Erde gefüllt, die den Wuchs des Wurzelgemüses nicht behindert. Kurz vor dem Wettbewerb wird das Rohr dann aufgeschnitten, das Substrat entfernt und das Gemüse poliert.
Ich glaube, das ist mir zu aufwändig. Möhren- oder Pastinakenweltmeisterin werde ich also nie werden. Aber es bleiben ja noch viele andere Wettkampf-Kategorien. Nicht immer geht es um die Größe oder das Gewicht, bewertet werden auch Aussehen und Präsentation. Zum Beispiel beim "Teller mit 12 großen Schalotten", oder dem "Teller mit fünf Zwiebeln, wovon jede mindestens 1 kg aber nicht mehr als 1,5 kg" wiegen darf. Prämiert werden auch "sechs verschiedene Gemüsesorten" und die Kombination "Frucht, Gemüse und Blume".
Apropos Blumen - die gab es natürlich auch bei der Flower Show. Dass die Chrysanthemen- und Dahlienblüten groß wie Fußbälle waren, hat mich aber kaum noch gewundert.
P.S.: Am Stand eines Ausstellers klaffte eine Lücke auf der dunkelblauen Seide, auf dem 16 Schalotten der Sorte 'Hative de Niort' drapiert sein sollten - zwei Edelzwiebeln fehlten. Stattdessen war ein handgeschriebener Zettel angebracht: "Zwei Schalotten gestohlen am ersten Tag vor 8 Uhr!!" Ein Kriminalfall bei der Harrogate Flower Show. Ich frage mich, ob das wohl ein Mitaussteller war, der nicht genügend eigene Schalotten dabei hatte, oder ein besonders neidischer Konkurrent. Miss Marple, übernehmen Sie!
Stillleben mit Möhre
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