TV-Tipp: "Einspruch, Schatz! Überraschungsgäste"

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Freitag, 21. März, ARD, 20.15 Uhr
TV-Tipp: "Einspruch, Schatz! Überraschungsgäste"
Um einen Betreuungsfall muss sich Eva Schatz in diesem Fall kümmern. Zusätzlich zu ihrem nicht wenig turbulenten Privatleben. Die Inszenierung der Geschichte ist etwas zu voraussehbar, das Tempo des Films arg gemütlich.

Im MDR gab’s in den Neunzigerjahren eine Dating-Show mit dem etwas erzwungen klingenden Reimtitel "Je t’aime – Wer mit wem?". Der dritte Film mit Christine Urspruch als engagierte Anwältin ist zwar eine Auftragsproduktion der ARD-Tochter Degeto, spielt aber in Leipzig und beginnt mit einem Kameraflug hoch droben rund um’s City-Hochhaus, an dem in luftiger Höhe der MDR-Schriftzug angebracht ist.

Liebe ist freitags im "Ersten" immer ein zentrales Thema, aber auch "Wer mit wem?" passt: weil die Degeto bei ihren Fortsetzungen stets erwartet, dass das Publikum die Vorgeschichte noch im Kopf hat, selbst wenn die Ausstrahlung der früheren Filme mitunter eine ganze Weile zurückliegt.

"Einspruch, Schatz!" bietet die sendeplatztypische Kombination aus beruflichter Herausforderung und privaten Turbulenzen. Aus der Bar-Bekanntschaft des ersten Films ("Ein Fall von Liebe", 2023) ist eine feste Beziehung geworden. Dass Eva Schatz noch nicht ins großzügige Domizil ihres Lebensgefährten und Kollegen Hanno Bertram (Wolfram Grandezka) gezogen ist, hat vor allem mit dessen Tochter zu tun: Teenager Lili (Lola Höller) sabotiert die Beziehung ihres verwitweten Vaters nach Kräften.

Geradezu perfide will sie die unter den Hitzewallungen der Wechseljahre leidende Eva mit einem Chili-Curry zur Weißglut bringen, aber der Schuss geht dank eines allergischen Schocks prompt nach hinten los. Und dann ist da ja noch Schatz senior: Der ehemalige General (Jochen Busse) ist wegen Glücksspiels aus seinem Seniorenheim geflogen und nun ein Klotz am kurzen Bein seiner Tochter. Der Hinweis auf Evas Kleinwuchs ist gestattet, denn Werner Schatz erlaubt sich auch den einen oder anderen entsprechenden Scherz.

"Überraschungsgäste" heißt die Episode, weil Vater und Tochter vorübergehend zu Hanno, seinen drei Kindern und seiner Mutter (Tatja Seibt) ziehen: Werners Versuch, sich im Haushalt nützlich zu machen, hat zu einem Feuerwehreinsatz geführt.

Die juristische Ebene kommt zufällig ins Spiel, als eine völlig aufgelöste Frau Eva und Hanno vors Auto läuft: In ihrem Haus wohnt jetzt eine fremde Familie. Uschi Förster (Steffi Kühnert) ist durch den Tod ihres zweiten Mannes völlig aus der Bahn geworfen worden, war zwei Jahre in der Psychiatrie und ist, wie das früher hieß, entmündig worden. Ihr rechtlicher Betreuer (Marc Ben Puch) hat in der Zwischenzeit das Haus verkauft. Frau Förster ist nun nicht nur obdachlos, sondern auch, wie sich schließlich rausstellt, völlig mittellos. Sie hat zwar einen Sohn, aber zu dem hat sie seit der Trennung von ihrem ersten Mann keinen Kontakt mehr, weil der Vater den Jungen gegen seine Mutter aufgehetzt hat.

Natürlich hat der Betreuer, der ein großzügiges Eigenheim bewohnt und ein teures Auto fährt, Dreck am Stecken; als sich seine Schutzbefohlene lautstark beschwert, sorgt er umgehend dafür, dass sie wieder in die Psychiatrie kommt. Das Blatt wendet sich erst, als Eva die Betreuung übernimmt, und selbstredend schafft sie es auch, dass die Försters wieder miteinander reden.

Uschis Schwiegertochter (Lea Freund) ist hochschwanger, und weil Babys im Film grundsätzlich gänzlich unerwartet zur Welt kommen, kann sich die Oma auch gleich nützlich machen. Privat läuft’s für die Anwältin zunächst nicht ganz so gut, denn Hanno ist verständlicherweise schockiert, als seine Freundin Lilis Geschmacksattentat andeutet, aber das renkt sich wieder ein.

Zur Vorhersehbarkeit des Drehbuchs von Produzent Torsten Lenkeit (diesmal zusammen mit Wiebke Jaspersen) passt auch die brave Inszenierung von Dirk Kummer, 2018 für seine melancholische DDR-Tragikomödie "Zuckersand" immerhin mit dem Grimme-Preis geehrt. Seine Klasse zeigt sich in der Arbeit mit dem Ensemble, zu dem in einer kleinen, aber feiner Richterrolle auch Stephan Großmann zählt, sowie in der Bildgestaltung (Kamera: Christoph Iwanow). Der Film erfreut durch ein paar hübsche Gestaltungsideen, aber Tempo und Musik sind für eine Dramedy entschieden zu gemütlich.

Hervorzuheben ist hingegen der Mehrwert der Geschichte: Da dem Betreuer auch das Aufenthaltsbestimmungsrecht obliegt, hat Uschi Förster praktisch keinerlei Handhabe mehr über ihr Leben. "Krass, wenn  man so komplett ausgeliefert ist", stellt Evas Kanzleigehilfin (Karmela Shako) fest. Es gibt, wie der Richter die Anwältin belehrt, 1,3 Millionen Betreuungsfälle in Deutschland; ein dringender Appell an das Publikum jedweden Alters, beizeiten eine Vorsorgevollmacht auszufüllen.