Gefängnisseelsorge hilft bei Not im Knast

Der Rummelsberger Diakon Georg Horneber ist Gefängnisseelsorger in der Jugendstrafanstalt.
epd-bild/Jutta Olschewski
Der 61-jährige Diakon Georg Horneber übt seinen Beruf mit Sorgfalt aus.
"Die Scham ist groß"
Gefängnisseelsorge hilft bei Not im Knast
Sein Arbeitsplatz liegt hinter hohen Betonmauern, Stacheldraht und verschlossenen Türen. Der Rummelsberger Diakon Georg Horneber ist Gefängnisseelsorger.

Nürnberg, Mannertstraße 6. Die Adresse ist fast so bekannt wie "Stadelheim" in München. Gleich neben dem berühmten Justizpalast in der Fürther Straße geht die unscheinbare Nebenstraße ab und 300 Meter weiter steht das große wuchtige Sandsteingebäude mit den vergitterten Fenstern.

Personalausweis vorlegen, Kamera und Blitzgerät vorerst ablegen, dann telefonieren die Beamten: Schließlich öffnet sich eine Tür und Georg Horneber kommt, um den Gesprächspartner zu begrüßen. Der erste Gang führt zu Anstaltsleiter Thomas Vogt. Der 59-jährige Jurist leitet seit zehn Jahren die beiden Haftanstalten Nürnberg und Ansbach und spricht vom Resozialisierungsauftrag des Staates gegenüber den Inhaftierten. Aber ausgerechnet in seinen "Knast" kommen die "ewigen Wiederholungstäter", wie er sie nennt.

Menschen, die wegen kleinerer Delikte schon mehrfach Bewährungsstrafen von Amtsgerichten aufgebrummt bekamen, müssen nun endgültig hinter Gitter. Vogt spricht sich dafür aus, Straftätern lieber gleich eine deutliche Strafe auszusprechen, "weil die Täter dann eher lernen, was Sache ist." Für den JVA-Leiter gehören Gefängnisseelsorger zu den wichtigen Berufsgruppen, die mit dem Strafvollzug zu tun haben, neben Ärzten, Lehrern, Sozialpädagogen und Psychologen. Mitglieder der beiden christlichen Kirchen, aber auch jüdische und muslimische Menschen müssen und wollen betreut werden. "In diesem Konzert spielen die Seelsorger eine wichtige Rolle", sagt Vogt.

Der 61-jährige Georg Horneber ist ein ruhiger und reflektierter Mensch. Der gelernte Stahlformenbauer kam über die evangelische Jugendarbeit dazu, Diakon und Jugendarbeiter zu werden. "Die intensivere Arbeit am Einzelnen hat mich gereizt", sagt er. Auf fünf unterschiedlichen Stellen als Gruppenleiter, Bereichs- und Einrichtungsleiter und auch in der Arbeit mit verurteilten Straftätern im Alter von 16 bis 21 Jahren sammelte er Erfahrungen im Strafvollzug. "Die Menschen hier brauchen ein unterstützendes Umfeld", beschreibt er seine Aufgabe.

Insassen und Bediensteten zur Seite stehen

Nicht nur die Menschen, die in den acht Quadratmeter großen Zellen leben und wohnen, sondern auch die, die sie bewachen, will Horneber betreuen. So bietet er zusammen mit seinen Kolleginnen und Kollegen persönliche Gespräche für die rund 500 Bediensteten an und fährt mit ihnen auch zweimal im Jahr für jeweils eine Woche in ein Tagungs- und Erholungszentrum. Nachdenken über Zeit, Besuche in der Natur, kreative Beschäftigung, Gruppen- und Einzelgespräche stehen im Mittelpunkt.

Ein Insasse in seiner Zelle in einer Jugendstrafanstalt.

"Die Scham über die Taten zu sprechen ist sehr groß", sagt der Diakon. Die Trennung von der Familie sei für die Gefangenen bedrückend, besonders dann, wenn eine massive Gewalttat in der eigenen Familie stattgefunden hat. Aber wenn einer seiner Gesprächspartner mit einem Lächeln den Raum verlässt, dann macht ihm seine Aufgabe Freude. Heute besucht Horneber Horst, der 56 Jahre alt ist und bislang rund 10 Jahre - meist wegen Körperverletzung - hinter Gittern verbracht hat. Jetzt hat das Gericht ihn zu 18 Monaten ohne Bewährung verdonnert. "Hab’ ne ziemlich kurze Zündschnur", meint er achselzuckend.
Horst nennt sich "Facility-Manager", weil er im Gefängnis 170 Stunden im Monat als Hausmeister arbeitet. "Ich bin mit meinem Job zufrieden", sagt er, "weil ich keine Zeitvorgaben habe".

 

Bargeld gebe es nicht, dafür digitale Währung. Die Preise im Kiosk orientieren sich "eher an Edeka als an Aldi." Der gelernte Koch ist mit dem Essen im Knast "im Großen und Ganzen zufrieden". In seiner Zelle kann er aus 60 TV- und 70 Radioprogrammen auswählen. Sein größter Wunsch? "Warmwasser in der Zelle", antwortet er sofort.

"Seelsorge kommt, wenn Menschen in Not sind", beschreibt Georg Horneber sein Arbeitsfeld. Er wolle sich dem Einzelnen zuwenden und einen anderen Blick auf das Leben der Menschen werfen, die hinter Gittern ihre Strafe absitzen. Der Diakon ist zuständig für die Männerhaftanstalt und den Jugendarrest. Sein Kollege Pfarrer David Vogt geht zu Leuten, die in der U-Haft sitzen und in die Frauenhaftanstalt. Für die Katholiken arbeiten Pastoralreferentin Sybille Schweiger-Krude, Pastoralreferent Andreas Bär und Pfarrer Andreas Müller. Für rund 250 einsitzende Muslime ist Dara Abdullah zuständig. Jeden Sonntag bieten die Seelsorger vier Gottesdienste an, zwei für jede christliche Konfession. Horst spricht da immer wieder mal ein Gebet und hilft als Hilfsmesner aus.