Neue syrische Machthaber nicht verharmlosen

In der syrischen Stadt Palmyra fährt ein Mann auf einem Motorrad an einem zerstörten Militärlastwagen der gestürzten Assad-Regierung vorbei.
Khalil Hamra/dpa
Ein Mann auf einem Motorrad fährt in Palmyra an einem zerstörten Militärlastwagen der gestürzten Assad-Regierung vorbei.
Warnung von Menschenrechtlern
Neue syrische Machthaber nicht verharmlosen
Menschenrechtler warnen vor einer Verharmlosung der neuen Machthaber in Syrien. Es gebe zunehmende Hinweise, dass diese ein islamistisches Regime errichten wollten, teilte die Gesellschaft für bedrohte Völker am Dienstag in Göttingen mit.

Deutsche Politikerinnen und Politiker stünden in der Verantwortung, sich ein umfassendes Bild zu machen, mahnte der Nahostreferent der Gesellschaft für bedrohte Völker, Kamal Sido. Vor allem Angehörige von Minderheiten würden in Syrien durch die Übergangsregierung verfolgt und schikaniert, sagte er: "In Telefonaten mit Menschen in Damaskus erlebe ich immer wieder, dass sie Angst haben, sich kritisch über die islamistischen Machthaber zu äußern." Außerhalb von Damaskus sei die Lage oftmals noch angespannter.

Sido zufolge häufen sich die Hinweise darauf, dass der Anführer der islamistischen HTS-Miliz, Ahmed al-Scharaa, der sich zum syrischen Übergangspräsidenten erklärt hatte, seine Versprechen einer moderaten Regierungsführung nicht halte. "Vor allem in Gebieten wie in der Provinz Homs morden, entführen und plündern die HTS-Mitglieder", warnte der Experte für religiöse Minderheiten. "Davon sind vor allem die dort lebenden Angehörigen der alawitischen Minderheit und christlicher Gemeinschaften betroffen."

In Nordsyrien seien viele Gebiete weiterhin von der Türkei besetzt oder würden von der Türkei und von islamistischen Milizen angegriffen, die durch die Türkei finanziert würden, betonte Sido. "Wenn es um die Lage in Nordsyrien geht, müssen Politiker und Journalisten deutlich benennen, dass diese Angriffe völkerrechtswidrig sind und dass die Türkei dort den 'Islamischen Staat' (IS) und andere islamistische Gruppen stärkt, die nicht nur für Massenmorde an Minderheiten in der Region verantwortlich sind, sondern auch unsere Sicherheit in Deutschland gefährden.."

Rebellengruppen unter Führung von der islamistischen Miliz Haiat Tahrir al-Scham (HTS) hatten Anfang Dezember in Syrien das diktatorische Regime des Präsidenten Baschar al-Assad gestürzt und der Bevölkerung einen Neuanfang versprochen. Der Krieg in Syrien hatte 2011 mit einem Volksaufstand gegen Assad begonnen.