Weltweit sind Millionen Menschen auf der Flucht. Menschen und ihre Familien fliehen vor Krieg und Verfolgung oder suchen bessere Lebensbedingungen. Sie riskieren dabei ihr Leben. Die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) sagt dazu auf ihren Seiten im Internet: "Auch die Bibel ist voller Geschichten über Migration und erzählt von Menschen, die ihre Heimat verlassen mussten. Für Christ:innen gilt der Auftrag, Geflüchteten beizustehen." Schließlich habe Jesus in einer Rede gesagt: "Ich war fremd und ihr habt mich aufgenommen." evangelisch.de hat auf der Synode Stimmen zum Thema eingefangen.
"Wir müssen unbedingt die Stimme der Humanität und der von Gott verliehenen Würde für jeden Menschen bleiben. Ich möchte nicht in einer Gesellschaft sein, in der das aufgegeben wird. Wir wissen seit Jahrzehnten, dass Migration nur begrenzt steuerbar ist, aber den Standpunkt der Menschen würde dürfen wir nicht aufgeben. Ich kann mich nicht zu einem Standpunkt verständigen, bei dem wir sagen, die Menschenwürde gilt nicht mehr für jeden. Auch Wirtschaftsflüchtlinge sind zunächst einmal Menschen, die aus großer Not zu uns kommen. Aus Hunger oder klimatischen Gründen, sie haben keine Lebensgrundlage mehr. Meistens ist es unser Ressourcenverbrauch des Klimas gewesen, der dazu geführt hat. Die Menschen erwarten von der Kirche, das sie das Gesicht der Humanität ist." Dr. Christian Stäblein, Bischof der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz und Beauftragter des Rates der EKD für Flüchtlingsfragen.
"Wir haben in den vergangenen Wochen erlebt, wie sich die Debattenlage massiv verschärft hat. Wir sehen, wie schnell scheinbare Lösungen für hochkomplexe Situationen angeboten werden, um sie dann nach kurzer Zeit wieder zurücknehmen zu müssen, weil sie nicht rechtskonform oder praktikabel sind; z.B. wenn Zurückweisungen an den Grenzen gefordert werden oder die Abschiebezahlen schnell erhöht werden sollen. Selbst die weitere Einschränkung von Art. 16 unseres Grundgesetzes, des individuellen Rechts auf Asyl, wird gefordert.
Als Kirche stehen wir dafür ein, dass jeder Mensch eine von Gott geschenkte Würde hat. Deshalb müssen wir in dieser Zeit dringend daran erinnern, dass Flüchtlinge Rechte haben, und zwar einfach deshalb, weil sie Menschen sind. Und diese Rechte gelten überall, auch, wenn manche das nicht akzeptieren wollen. Stattdessen werden Migranten und Schutzsuchende in den oft entgleisten Debatten zu Sündenböcken erklärt, die an verschiedenen Krisen unseres Landes schuld seien: z.B. der Wohnungsknappheit, dem Bildungsnotstand, der gesellschaftlichen Spaltung. Das ist brandgefährlich!
Und es verletzt auch die Würde von Menschen mit einer Migrationsgeschichte, die längst Deutsche sind und sich in vielen Bereichen sehr für unser Land einsetzen! Dass viele inzwischen ernsthaft überlegen – und das betrifft in hohem Maß Fachkräfte, die wir dringend brauchen, - Deutschland den Rücken zu kehren, weil sie hier um ihre Sicherheit fürchten, ist ein Skandal. Ich wünsche mir von der Synode der EKD deshalb ein klares Votum an politisch Verantwortliche für die Einhaltung der Menschenrechte für alle - hier in unserem Land, an unseren nationalen Grenzen, an den Außengrenzen Europas. Und ich erwarte, dass wir unseren Auftrag als Kirche wahrnehmen und für die Gesellschaft Möglichkeiten und Orte schaffen, wo Menschen lernen, in Vielfalt miteinander zu leben. Denn auch die Kirche ist seit ihrem Anbeginn ein Zuhause für Menschen ganz unterschiedlicher Herkunft." Petra Bosse-Huber, Bischöfin, Vizepräsidentin des Kirchenamtes der EKD, Leiterin der Hauptabteilung Ökumene und Auslandsarbeit
Evangelische Kirche in Deutschland (EKD).
"Wir erleben gerade eine einseitige Engführung und Verzerrung der Diskussion um Flucht und Asyl. Es geht zu allererst um Menschen: Menschen, die aus Not fliehen und bei uns Schutz suchen. Das macht niemand einfach so. Mit Menschen geht man menschlich um - das ist elementarer Teil unseres Glaubens und schlicht ein Gebot des Anstands. Das haben mich meine Eltern gelehrt, die selbst beide Flüchtlinge waren. Die Frage lautet: Wer wollen wir als Gesellschaft sein, welche Werte leiten uns? Dass politisch verfolgte Menschen Asyl bekommen, ist ein fundamentales Menschenrecht. Für dessen Erhalt und Schutz setzen wir uns als Kirche konsequent ein, weil es zu unserem Glauben gehört. Wir brauchen sichere Fluchtwege, damit Menschen sich nicht in die Hände von Schleppern begeben und ihr Leben aufs Spiel setzen müssen. Wir brauchen eine gute Integration der Menschen, die da sind. Arbeit ist dafür zentral. Wir brauchen Begegnungen mit Geflüchteten, um nicht über-, sondern miteinander zu reden - so wie dies in vielen Gemeinden passiert. Und wir brauchen zugleich kontrollierte Wege, auf denen Menschen etwa wirtschaftlichen Gründen zu uns kommen können. Hier sind wir auf Zuwanderung angewiesen. Was wir nicht brauchen, sind politische Hetze, Angstmacherei - oder ein Aktionismus, wenn jetzt gut integrierte Menschen abgeschoben werden." Dr. Thorsten Latzel, Präses und Beauftragter des Rates der EKD für Kirche und Sport Evangelische Kirche im Rheinland.
"Wir sollten Menschen, die aus welchem Grund auch immer Zuflucht bei uns suchen, nicht mit politischen Kategorien labeln. Das darf für uns kein Wahlkampfthema sein. Asyl hat eine rechtliche Grundlage, wir würden es theologisch anders begründen. Es wird zwischen Menschen differenziert, die asylberechtigt sind, und es wird andere Gründe geben, die sanktionierter sind. Die so genannten Wirtschaftsflüchtlinge. Das wird negativer bewertet, ist aber aus christlicher Sicht ein legitimer Grund, seinen Wohnort wechseln zu wollen. Das würde ich laut sagen wollen. Ich muss erst meiner eigenen Christenpflicht nachkommen. Wenn ich bereit bin, meine Wohnung aufzumachen, meine eigenen finanziellen Ressourcen weiterzugeben, kann ich anfangen, es von anderen zu fordern." Dr. Norbert Roth, evangelischer Pfarrer der Münchener Gemeinde St. Matthäus, Mitglied der 13. Synode der EKD Ev.-Luth. Kirche in Bayern.
"Die Geschichten von Migrant:innen und Geflüchteten verdienen Gehör, denn sie sind ein wesentlicher Bestandteil ihrer Menschenrechte. Indem wir auf unser Wort achten, mehr zuhören und die Menschen hinter dem Status sehen, kann jede:r von uns zu einer Welt beitragen, in der das Wort "Flüchtling" der Anfang einer Geschichte ist - aber nicht ihr Ende." Corinna Waltz, Theologin und Journalistin, verantwortet die Kommunikationsarbeit der EMW in Print und digital. Sie ist Chefredakteurin der Zeitschrift "EineWelt" und leitet den Missionshilfe Verlag.
"Es gibt bestimmte Grundorientierung der Humanität, die wir nie und nimmer aufgeben dürfen. Das sind nun eigentlich die wesentlichen Orientierungen, die man immer mit der EU verbunden hat. Diese Grundrechte sind jetzt unter Druck. Man kann über Migration diskutieren, aber über eines kann man nicht streiten: Dass man Menschen rettet, die sich in unmittelbarer Lebensgefahr befinden. Es ist schwierig, dass wir in Europa Wege finden, wie wir solidarisch Menschen aufnehmen. Denn es gibt einige Länder, die dazu nicht bereit sind. Die zweiter Frage ist, funktionieren die Lösungen, die man jetzt gerade vorschlägt? Sind sie mit der Humanität zu vereinbaren? Flüchtlinge werden an den Rand Europas in Zentren gedrängt. Ich stelle fest, dass es hier der Hauptzweck ist, die Menschen aus unserem Gesichtsfeld zu bekommen. Eine Lösung kann ich hierin nicht erkennen. Das sind Gefängnisse an den Grenzen Europas." Prof. Dr. Heinrich Bedford-Strohm, ehemaliger Landesbischof der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern (bis 2023).
"Mit der anstehenden Bundestagswahl und wo sich die Ampel jetzt gerade verabschiedet hat, merken wir, dass sich die Themensetzung verändert und das ohnehin schon wichtige Thema der Migrationspolitik leider jetzt sehr stark für den Wahlkampf genutzt wird. Wir konnten in den vergangenen fünf Jahren mit vier Bündnisschiffen fast 10.000 Menschen retten. Das erfüllt und mit Freude und Stolz. Gleichzeitig ist es ein Unding, dass es unsere Arbeit überhaupt noch gibt. Wir stellen uns gerade darauf ein, dass es unsere Arbeit auch weiter geben muss." Prof. Dr. min. Sandra Bils, Gründungsmitglied und Vorständin von United4Rescue - Gemeinsam retten e.V.
"Der christliche Standpunkt muss immer zuerst der sein, dass man Menschen in Not zur Seite steht. Dem Fremden Schutz zu gewähren, ist einer unserer Grundstandards im christlichen Glauben. Aber wer sich in dieser Gesellschaft kriminell verhält, Gewalt anwendet, muss abgeschoben werden, da hört die Hilfsbereitschaft auf. Das ist die rote Linie. Das ändert aber nichts daran, dass wir Schutzsuchenden diesen Schutz gewähren sollten. Man muss schon aufpassen, dass man hier nicht pauschaliert in der Richtung: Alle Migranten sind Straftäter. Das wäre fatal." Dr. Gabriele Hoerschelmann, evangelische Theologin, Pfarrerin und seit 2015 Direktorin von "Eine Welt".