Selbstbestimmungsgesetz tritt in Kraft

Drei Möglichkeiten für einen Geschlechtseintrag mit Kreuzchen
Peter Steffen/dpa
Drei Möglichkeiten für einen Geschlechtseintrag sind auf einem Banner der Initiative "Dritte Option" zu sehen.
Änderung Geschlechtseintrag
Selbstbestimmungsgesetz tritt in Kraft
Von den einen sehnsüchtig erwartet, von den anderen scharf kritisiert: Das Selbstbestimmungsgesetz der Ampel-Koalition hat das bisherige Transsexuellengesetz abgelöst.

Seit Freitag gilt das sogenannte Selbstbestimmungsgesetz. Trans- und intergeschlechtliche Menschen können ab sofort ihren Geschlechtseintrag und die Vornamen in amtlichen Dokumenten durch eine einfache Erklärung beim Standesamt ändern lassen. Bundesfamilienministerin Lisa Paus (Grüne) spricht  von "einem ganz besonderen Tag" für diese Gruppe. Das in Teilen verfassungswidrige Transsexuellengesetz sei damit Geschichte, erklärt Paus. 

Der Queer-Beauftragte der Regierung, Sven Lehmann, äußert sich erleichtert. Lehmann erklärt, trans- und intergeschlechtliche sowie nicht binäre Menschen hätten sehnsüchtig auf das Gesetz gewartet. Das zeigten auch die hohen Anmeldezahlen bei den Standesämtern. Die Reform beende jahrzehntelange "staatliche Bevormundung und Fremdbestimmung." Einer Umfrage des international tätigen britischen Markt- und Meinungsforschungsinstitut YouGov zufolge befürworten knapp die Hälfte der insgesamt 2.028 befragten Personen die Reform.

Kritik kommt von der Union. Die stellvertretende Unions-Fraktionschefin Dorothee Bär (CSU) bezeichnet das Gesetz mit Blick auf den Kinder- und Jugendschutz als unverantwortlich. Die wenigsten Jugendlichen fühlten sich während der Pubertät in ihrem Körper wohl, sie söhnten sich mit ihrem Geburtsgeschlecht aber später wieder aus, erklärt sie. 

Mit einer jährlichen, voraussetzungslosen Änderungsmöglichkeit des Geschlechtseintrags sei die Ampel-Koalition über das Ziel hinaus geschossen, sagt Bär der in Düsseldorf erscheinenden "Rheinischen Post". Das Gesetz ist nicht nur bei Konservativen, sondern auch unter Feministinnen umstritten.

Die Korrektur des Geschlechtseintrags und der Vornamen muss drei Monate vorher beim Standesamt angemeldet werden. Die Wartezeit gilt als Bedenkfrist. Bereits seit dem 1. August werden die Anmeldungen für Abgabe der Erklärungen entgegengenommen. Bisher waren nach dem Transsexuellengesetz ärztliche Begutachtungen mit intimen Fragen für die Änderung des Geschlechtseintrags notwendig, was von Betroffenen als entwürdigend empfunden wird. Auch 14- bis 17-Jährige können den Geschlechtseintrag mit Zustimmung der Erziehungsberechtigten ändern lassen. Bis zum Alter von 14 Jahren können Eltern eine solche Erklärung abgeben, nicht aber gegen den Willen des Kindes. Nach Ablauf eines Jahres kann der Eintrag wieder geändert werden.