Darauf ist groß eine durchgekreuzte Glocke zu erkennen und das Wort Ruhe in Großbuchstaben, sagte Pfarrer Stephan Da Re am Sonntag dem Evangelischen Pressedienst (epd). Das Graffito habe er entfernt und Anzeige bei der Polizei erstattet. Damit habe der Anfang September mit einem anonymen Beschwerdebrief begonnene Streit um das Glockengeläut einen neuen Höhepunkt erreicht.
Er würde gerne den Beschwerdeführer kennenlernen und mit ihm sprechen, sagte Da Re. Sich nur anonym zu äußern, sei eine "feige Tour". Auf den Beschwerdebrief im September habe er daher nur mit einem Aushang im Gemeindekasten und dessen Veröffentlichung auf Twitter reagieren können. Dies habe eine "Riesendiskussion" auf Twitter ausgelöst. Es habe Hunderte von Kommentaren und mehrere Tausend Likes gegeben, seine Follower-Zahl habe sich auf knapp 560 verdoppelt. Die Mehrheit der Reaktionen habe sich für das Glockenläuten ausgesprochen, aber es habe auch Kritik daran gegeben. Die Leute würden dünnhäutiger, meinte Da Re. So gebe es auch Kritik am Kinderlärm aus der Kindertagesstätte im Gemeindezentrum.
Die Johanneskirche läutet nach Angaben des Pfarrers werktäglich von 18.55 bis 19.00 Uhr zur Unterbrechung des Alltags und als Anregung zur Rückbesinnung über den Tag. Um 19.00 schließe sich die katholische Kirche mit fünf Minuten Geläut an, so dass die Glocken eine Gemeinschaft der Kirchen verkündeten. Sonntags riefen die Glocken von 9.25 bis 9.30 Uhr und von 9.50 bis 10.00 Uhr zum Gottesdienst, außerdem läuteten sie wie alle Kirchen während des Vaterunser-Gebets und bei einer Taufe. Das sonntägliche Glockengeläut sei auch eine Einladung zum Gebet für diejenigen, die nicht zur Kirche kommen können, sagte Da Re. Selbst Atheisten sagten, sie schätzten das Geläut, weil es für sie eine Identifikation mit der Heimat bedeute.