Evangelikale agieren gegen Homosexualität

Ugandische Transfrau von hinten mit grünen Haaren und langen Fingernägeln
epd-bild/Stuart Tibaweswa
In Uganda steht auf "Propaganda für Homosexualität", laut dem Anti-Homosexualität-Gesetz von 2023, bis zu 20 Jahre Haft.
Unheilige Allianz in Uganda
Evangelikale agieren gegen Homosexualität
Uganda hat eins der schärfsten Homosexualitätsverbote der Welt, inklusive Todesstrafe. Zustande kam es unter Einfluss von evangelikalen US-Christen, haben Aktivisten und Politiker recherchiert. Sie befürchten: Unter Trump wird der Einfluss steigen.

Als Treffpunkt für das Interview gibt Samantha Ainembabazi einen Friseursalon an. Hier können sich zwei Frauen unterhalten, ohne allzu viel Aufsehen zu erregen. Das ist wichtig, denn das vereinbarte Gespräch über die Lage von queeren Menschen in Uganda ist nach gültiger Rechtslage illegal. "Allein die Tatsache, dass ich mit Ihnen rede, könnte mir als Propaganda für Homosexualität ausgelegt werden", weiß die 28-jährige, lesbische Aktivistin. Und darauf stehen in Uganda nach dem Anti-Homosexualität-Gesetz von 2023 bis zu 20 Jahre Haft.

Präsident Yoweri Museveni hat das Gesetz am 29. Mai 2023 unterzeichnet. Es sieht für Homosexualität in manchen Fällen sogar die Todesstrafe vor, zum Beispiel für gleichgeschlechtlichen Sex mit Minderjährigen oder Personen über 75 Jahren. Es verlangt, dass Vermieter queere Menschen herauswerfen und Arbeitgeber ihnen kündigen. Wer das nicht tut und wer queere Menschen nicht denunziert, macht sich strafbar.

Konservative, meist religiöse Gruppen fordern die Todesstrafe für Homosexualität schon seit Jahren. Sie werden dabei massiv von konservativen, überwiegend evangelikalen Christen aus den USA unterstützt, wie der Leiter des Menschenrechtsausschusses im ugandischen Parlament erläutert und Recherchen einer zivilgesellschaftlichen Gruppe bestätigen. Die religiösen Hardliner behaupten, Homosexuelle "rekrutierten" Kinder und machten sie dadurch erst zu Homosexuellen, sie seien außerdem Vergewaltiger und "Kinderschänder".

Evangelikale Christen unterstützen Trump

In einer zutiefst religiösen Gesellschaft haben ihre Worte Gewicht. Mit dem Regierungswechsel in den USA könnte ihr Einfluss weiter wachsen, die evangelikalen Christen gehören zu den loyalsten Unterstützern von US-Präsident Donald Trump. Sie nehmen die Bibel wörtlich und sprechen in einfachen Bildern von Himmel und Hölle, von Sünde und Buße.

In Uganda hätten radikale Christen aus den USA einen entscheidenden Einfluss darauf gehabt, dass der "Anti Homosexuality Act 2023" so drakonisch ausgefallen sei, sagt der ugandische Parlamentarier Fox Odoi-Oywelowo. Seit Mai 2021 leitet der Anwalt den parlamentarischen Menschenrechtsausschuss. "Unter ihrem Einfluss wurde in Uganda erstmals 2010 ein sogenanntes Modellgesetz gegen Homosexualität eingeführt", erläutert Odoi-Oywelowo, der 2023 als einziger gegen das Gesetz gestimmt hat. Seitdem hätten die US-amerikanischen, evangelikalen Fundamentalisten mit führenden Politikern Ugandas zusammengearbeitet, um die Gesetze zu verschärfen: "Beide Seiten stimmen sich miteinander ab."

Lobbyarbeit für "traditionelle Familienwerte"

Eine US-amerikanische Gruppe ist in den vergangenen Jahren besonders durch ihre Aktivitäten in Uganda aufgefallen: Family Watch International (FWI), eine kleine Organisation aus Arizona, die sich selbst als Hüterin traditioneller Familienwerte und Beschützerin von Kindern darstellt. Und die auch innerhalb der Vereinten Nationen für "traditionelle Familienwerte" Lobbyarbeit macht. FWI-Präsidentin Sharon Slater ist derzeit Vorsitzende der UN-Arbeitsgruppe für Familienrecht. So konnte sie gute Verbindungen zu führenden Politikern in Uganda knüpfen.

Eine zivilgesellschaftliche Gruppe in Uganda recherchiert, wie solche ultrakonservativen und religiösen US-amerikanischen Lobbygruppen auf die Gesetzgebung in Uganda Einfluss nehmen. Der Name der Gruppe und ihres wichtigsten Rechercheurs müssen aus Sicherheitsgründen anonym bleiben. Er hat einige Netzwerke religiöser Lobbyisten unterwandert und möchte nicht auffliegen. Slater sei seit einigen Jahren aktives Mitglied einer WhatsApp-Gruppe, zu der auch ugandische Abgeordnete gehörten, berichtet er. Vor Parlamentsdebatten fragten diese bisweilen, was sie sagen sollten - und Slater gebe Argumente vor.

Ultrakonservative US-amerikanische Freikirchen lassen sich ihre Lobbyarbeit in Afrika einiges kosten. Laut einer Untersuchung des britischen Nachrichtenportals "Open Democracy" haben mehr als 20 christliche Gruppen aus den USA allein zwischen 2007 und 2020 mindestens 54 Millionen US-Dollar in afrikanischen Ländern investiert. Fast die Hälfte davon floss demnach nach Uganda. Viele dieser US-amerikanischen Lobbygruppen haben Verbindungen zu Präsident Trump oder seinem Umfeld.

 

Die Fundamentalisten kämpfen nicht nur gegen LGBTQ-Rechte, sondern auch gegen sicheren Zugang zu Abtreibung und gegen Sexualerziehung in Schulen. "Die Lage für queere Menschen in Uganda war immer schon schwierig", sagt die Aktivistin Ainembabazi. Es gab Polizei-Razzien bei Strandpartys, bei Pride-Veranstaltungen, in Diskotheken. Tatsächlich oder mutmaßlich queere Menschen wurden von der Presse gegen ihren Willen geoutet, von ihren Familien verstoßen und vom Mob schwer verletzt oder getötet.

"Aber manchmal wurden wir auch einfach ignoriert", sagt sie. Damit allerdings sei es vorbei, seit 2023 das verschärfte Gesetz verabschiedet worden sei. Die Strafverfolgungsbehörden griffen härter durch. Die noch größere Gefahr sieht Ainembabazi allerdings in der Gesellschaft. Sie beruft sich auf Zahlen eines Strategieteams mehrerer Menschenrechtsgruppen. In den ersten Monaten nach der Gesetzesverschärfung, von Mai bis September 2023, seien 95,4 Prozent der Menschenrechtsverletzungen gegen die queere Community von Bürgerinnen und Bürgern verübt worden, nur 5,4 Prozent durch die Polizei und Strafverfolgungsbehörden. Es herrscht ein gesellschaftliches Klima, in dem das Überleben für queere Menschen immer schwieriger wird.

Transparenzhinweis: Die Recherche zu diesem Text wurde von der Stiftung Weltbevölkerung unterstützt.