Wer behaupte, es gebe heute in Deutschland eine „Corona-Diktatur“, sei dabei, die Wirklichkeit völlig zu verkennen, sagte Eppelmann dem Evangelischen Pressedienst (epd) in Hannover. Diese Gleichsetzung sei nicht nur „historisch falsch“, sondern auch „im Blick auf Menschen wie mich, die 40 Jahre Diktatur erlebt haben, eine total ahnungslose Gedankenlosigkeit“.
Eppelmann (78) sprach am Donnerstagabend in der hannoverschen Apostelkirche über seine Lehren aus der friedlichen Revolution in der DDR. „In einer Demokratie leben zu können, ist etwas völlig anderes als in einer Diktatur leben zu müssen“, sagte Eppelmann, der als DDR-Oppositioneller zeitweise im Gefängnis saß. Unter denen, die heute sagten, ihre Freiheit werde eingeschränkt, seien aus seiner Sicht viele, „die nur an sich selbst denken und ihre Nachbarn und Freund in Gefahr bringen“.
Die Regierenden hätten ihre Maßnahmen gegen Corona nicht aufgrund ihrer Machtfülle angeordnet, sondern nach intensiven Gesprächen mit Spezialisten, betonte der Pfarrer: „Wie kann jetzt der Kaufmann oder die Tänzerin den Anspruch erheben: Ich bin klüger und schlauer als die?“ Gleichwohl sei es nötig, immer wieder mit Corona-Leugnern und Impfgegnern zu reden „und ihnen deutlich zu machen, dass sie auch eine Verantwortung haben ihren Mitbürgern gegenüber“.
Wer sich heute für Freiheit einsetze, müsse global denken und über die Unterschiede zwischen armen und reichen Ländern reden, betonte der Theologe. Die reichen Länder des Nordens müssten die Menschen in den ärmeren Länder noch viel stärker unterstützen - dazu gehöre auch, ihnen Impfstoff gegen Corona zur Verfügung zu stellen. „Die Lebensqualität von uns allen hängt davon ab, dass es auch den anderen gut geht“, betonte Eppelmann. Die Menschen in armen Ländern bräuchten Hoffnung, damit sie eine Perspektive im eigenen Land hätten und nicht aus Armut fliehen müssten.
Eppelmann gehörte zu den regimekritischen Pfarrern in der DDR und hielt ab 1979 „Bluesmessen“ mit unangepassten Jugendlichen ab. 1982 rief er gemeinsam mit Robert Havemann in einem „Berliner Appell“ zur Abrüstung in Ost und West auf. In der Zeit der friedlichen Revolution gehörte er zu den Gründern der Initiative „Demokratischer Aufbruch“. 1990 wurde er Minister für Abrüstung und Verteidigung in der letzten DDR-Regierung unter Ministerpräsident Lothar de Maizière (CDU).