Eine solche Baumaßnahme sei bundesweit einzigartig, sagte Alsterdorf-Vorstand Thilo von Trott. „Es gibt in Deutschland nichts Vergleichbares.“ Das umstrittene Altarbild auf der Wand stammt aus dem Jahr 1938 und zeigt den gekreuzigten Jesus umgeben von zwölf Menschen mit Heiligenschein und drei offenbar behinderten Menschen ohne Heiligenschein. Es ist als Sgraffito direkt auf den Putz gemalt. Gedeutet wird es, dass behinderte Menschen keine direkte Nähe zu Gott haben, sondern dafür Helfer benötigen. Der Anblick des Bildes sei für viele Bewohner der Stiftung „unerträglich“ gewesen, sagte Vorstand Ulrich Scheibel.
Vor vier Wochen war die Altarwand aus dem Kirchengebäude herausgesägt und ein Stück weit herausgezogen worden. Am Mittwoch wurde sie dann von dem Kran herausgehoben und in einer Art Bassin hinter der Kirche wieder abgesetzt. Die herausgebrochene Altarwand wird ersetzt durch eine Glaswand, wie sie die 1889 erbaute neugotische Kirche ursprünglich einmal hatte.
Die Altarwand wird künftig zentrales Element eines Lern- und Gedenkortes sein, der sich mit der Geschichte der ehemaligen Alsterdorfer Anstalten in der NS-Zeit auseinandersetzt. Auf ihrer Rückseite sollen die Namen der 511 Bewohnerinnen und Bewohner stehen, die während der NS-Zeit ermordet wurden. Geplant ist, den Gedenkort am 8. Mai 2022 zu eröffnen.
Die Evangelische Stiftung Alsterdorf ist mit rund 4.000 Mitarbeitenden eine der bundesweit größten Einrichtungen für behinderte Menschen. Während der Zeit des Nationalsozialismus wurden unter dem NS-nahen Direktor Karl Friedrich Lensch 630 behinderte Menschen deportiert, von denen nur wenige überlebten.