„Es geht in vielen Fragen um Deutungshoheit, und das ist verbunden mit einem Stück Macht“, sagte Schwaetzer am Freitag zum Auftakt der konstituierenden Tagung der EKD-Synode in einer digitalen Pressekonferenz. Die evangelische Kirche müsse ein Stück Deutungshoheit abgeben und Wege finden, „wie man tatsächlich mit den Betroffenen in ein konstruktives Gespräch eintreten kann“.
Parallel zur digitalen Sitzung des Kirchenparlaments wurde bekannt, dass die Arbeit des Betroffenenbeirats der EKD infrage steht. Der Sprecher des für das Thema Missbrauch berufenen Beauftragtenrates, Christoph Meyns, erklärte, man sehe mit Sorge, dass innerhalb kurzer Zeit fünf der ursprünglich zwölf Mitglieder des Betroffenenbeirats zurückgetreten sind. Das Gremium habe zudem einen Antrag auf Auflösung gestellt. Der braunschweigische Landesbischof Meyns reagierte auf eine Berichterstattung des Nachrichtenmagazins „Spiegel“. Das Magazin berichtete wiederum unter Berufung auf ein internes Schreiben der EKD, dass die Tätigkeit des Beirats „ausgesetzt“ werden soll. Eine Weiterarbeit sei nicht möglich, weil das Gremium nicht mehr die ganze Bandbreite von Perspektiven Betroffener abbilde.
Meyns zufolge werden nun Gespräche darüber geführt, wie es weitergehen kann. Schwaetzer betonte, die Kirche müsse sich „ehrlich, transparent, ganz offen der eigenen Schuld stellen“. Ob die Kirche mit dem möglichen Aus des Beirats bei dem Thema wieder am Anfang stehe, könne sie „ehrlicherweise nicht mit Ja oder Nein beantworten“, sagte sie. „Ich weiß, dass die Gespräche schwierig sind“, betonte Schwaetzer.
Der Betroffenenbeirat der EKD kam erstmals im September vergangenen Jahres zusammen. Die EKD hatte ihn berufen, um Opfer sexualisierter Gewalt in der Kirche an Vorhaben zur Aufarbeitung, Entschädigung und Prävention zu beteiligen. Das Gremium soll als Gegenüber den Beauftragtenrat beraten, dem von der EKD berufene Geistliche und Kirchenjuristen angehören. Schon von Beginn an gab es vonseiten der Betroffenen Kritik an der Zusammenarbeit mit dem Beauftragtenrat. Sie hatten der EKD wiederholt eine mangelnde Beteiligung von Opfern bei der Aufarbeitung vorgeworfen.