Sollte auch in Baden-Württemberg das Tragen von FFP2-Masken im öffentlichen Raum Pflicht werden, dann braucht es laut Experten eine Sonderregelung für Menschen mit wenig Geld. Der Stellvertretende Vorsitzende des Diakonischen Werks Baden, Holger Hoffmann, fordert für diesen Fall eine zusätzliche Unterstützung für die Betroffenen und schließt sich damit der Position der Diakonie Bayern an. Das Tragen von Masken dürfe keine Frage des Geldes sein.
Die Kosten für FFP2-Masken bedeuteten etwa für Hartz IV-Bezieher eine "Zusatzbelastung, die sie selbst nicht tragen können", sagte Hoffmann, der für Grundsatzfragen und Sozialpolitik zuständig ist. Der Regelsatz für einen Hartz IV-Bezieher betrage seit Januar dieses Jahres monatlich 446 Euro, der Satz für Mitglieder von Haushaltsgemeinschaften, Kinder und Jugendliche liege darunter. Davon sind gerade einmal 17,02 Euro für Gesundheit und Hygiene vorgesehen. "Bei Preisen zwischen drei und vier Euro pro FFP2-Maske bedeutet das für diese Personengruppe eine große Einschränkung, die zulasten anderer Ausgaben wie Essen geht", sagte Hoffmann.
Medizinisch sinnvoll
In Bayern müssen seit 18. Januar im öffentlichen Nahverkehr und im Einzelhandel FFP2-Masken getragen werden. In Baden-Württemberg ist bisher lediglich das Tragen einer medizinischen - deutlich preisgünstigeren - Maske geplant. Medizinisch halte er das Tragen geprüfter FFP2-Masken für sinnvoll, erklärte Holger Hoffmann und betonte: "Das ist ein richtiger Schritt."
Eine flächendeckende Verteilung der FFP2-Masken an alle 83 Millionen Einwohner bundesweit halte er jedoch "nicht für machbar". "Wenn das kommt, müssen alle in die Lage versetzt werden, die Masken zu bezahlen", sagte der Sozialexperte mit Blick auch auf Schutzmaßnahmen wegen der neuen Corona-Varianten. Er befürchte jedoch eine Verknappung der FFP2-Masken und somit steigende Preise.
Arbeitgeber drücken sich
Kritisch sieht Hoffmann auch die Situation von Familien, deren Einkommen knapp über der Grenze für den Bezug von Hartz IV liege. Sie fielen aus einer Regelung für Bedürftige heraus, könnten sich den Kauf der teuren Masken aber ebenfalls nicht leisten. Zu diesen Personen zählen laut der Gewerkschaft IG Bauen, Agrar und Umwelt (IG-BAU), etwa Reinigungskräfte.
Nach Einschätzung der Gewerkschaft stehen vielen Reinigungskräften unter anderem im Raum Stuttgart oder Karlsruhe nicht genügend Schutzmasken zur Verfügung. Arbeitgeber weigerten sich immer wieder, die Masken zu stellen, schreibt die Gewerkschaft. Die Mitarbeiter müssten sich die Masken selbst beschaffen.
"Es kann nicht sein, dass ausgerechnet die Menschen, bei denen das Einkommen kaum für Miete und Lebensunterhalt reicht, auf den Kosten der beruflich genutzten Masken sitzen bleiben", sagte der Bezirksvorsitzende der IG BAU Stuttgart, Mike Paul. Besonders schwer sei es für Teilzeitkräfte und Minijobber. Nach Angaben der Arbeitsagentur sind allein im Landkreis Karlsruhe rund 1.900 Menschen in der Gebäudereinigung beschäftigt.
Der Sozialexperte der Diakonie Baden, Holger Hoffmann, appelliert zum Schutz der Gesundheit an die Solidarität aller. Er begrüße evidenzbasierte Entscheidungen, sagte er und fügt hinzu: "Wir sind auf einem guten Weg."