Käßmann: Maske ist ein Zeichen für Solidarität

Menschen mit Schutzmasken beim U-Bahn fahren
© epd-bild/Rolf Zoellner
Menschen mit Schutzmasken gegen Corona-Infektion am U-Bahnhof Eberswalder Strasse in Berlin.
Käßmann: Maske ist ein Zeichen für Solidarität
Die Theologin Margot Käßmann hat angesichts steigender Corona-Zahlen dazu aufgerufen, noch intensiver füreinander einzustehen und mehr Verantwortung für das Gemeinwohl zu übernehmen.

"Ich finde es deprimierend, wenn Menschen sagen: Es ist mir völlig egal ob andere sich anstecken, Hauptsache, ich lebe meine Freiheit", sagte die frühere hannoversche Landesbischöfin im Gespräch mit dem Evangelischen Pressedienst (epd). "Meine Freiheit endet da, wo ich andere gefährde."

Bei der Umsetzung von Hygieneverordnungen reichten Strafandrohungen nicht aus, betonte die ehemalige Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD). So seien Appelle von Politikern an die Bevölkerung mindestens ebenso wichtig, weil offensichtlich nicht alles durch Recht geregelt werden könne. In der Öffentlichkeit sei nicht nur die Polizei dazu da, beispielsweise in Zügen an die Maskenpflicht zu erinnern. Auch die anderen Mitreisenden seien aufgefordert, sich einzumischen und aufzupassen.

Verantwortung könne nicht delegiert werden, unterstrich Käßmann. Es gebe eine Tendenz zur Überregulierung, auch, weil viele Bürgerinnen und Bürger dies erwarteten. Der Staat solle bestimmen, wohin und wie weit Bürger reisen dürften oder ob Angehörige im Pflegeheim besucht werden dürften. "Ich kann nicht einerseits alle Verantwortung an den Staat übertragen und mich andererseits über zu harte Einschränkungen beschweren", betonte die Theologin.

Regeln müssten positiv besetzt werden, forderte Käßmann. Wer Maske trage, nehme Rücksicht und sorge sich ums Ganze. "Die Maske ist kein Zeichen von Schwäche, sondern ein Zeichen für Solidarität." Vielleicht brauche es auch verstärkt Kampagnen für das Einhalten der Regeln, "etwa nach dem Motto: "Ich gehe nur mit...".

###fotoreportage|176976###

Außerdem müssten die positiven Beispiele dieser Zeit stärker thematisiert werden, forderte Käßmann. So hätten Menschen älteren Nachbarn Einkaufshilfen angeboten, eine Dame habe Kuchen gebacken und anderen vor die Tür gestellt. Auch die von der Evangelischen Kirche gestartete Aktion zum abendlichen gemeinschaftlichen Balkonsingen während des Lockdowns habe positive Resonanz bekommen. "Viele haben mir geschrieben, dass das ihr Gemeinschaftsgefühl gestärkt hat."

Käßmann appellierte an die Menschen in Deutschland, die derzeitigen Einschränkungen - etwa einen Verzicht auf Urlaubsreisen oder Erschwernisse durch das Maskentragen - im Kontext des weltweiten Leids zu betrachten: "Ich möchte das auch in Relation setzen zu Familien die auf der Flucht sind, die hungern oder die in Indien arbeitslos sind ohne irgendeine Absicherung."