"Wachsende Abstände beobachten wir heute nicht nur veranlasst durch die Corona-Pandemie, sondern auch durch sich verschärfende soziale Ungleichheiten und durch einen sich polarisierenden öffentlichen Diskurs", heißt es in einer gemeinsamen Erklärung von katholischer Deutscher Bischofskonferenz und Evangelischer Kirche in Deutschland (EKD), die am Freitag in Bonn und Hannover veröffentlicht wurde.
Wenn man bedenke, dass die in der Einheit geheilte Teilung Deutschlands in der Katastrophe des Nationalsozialismus wurzele, erweise sich das Auseinanderdriften der Gesellschaft in Form eines erstarkenden Nationalismus oder eines wieder aggressiveren Antisemitismus als ganz besonders fatal, betonten der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Georg Bätzing, und der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Heinrich Bedford-Strohm.
Der 3. Oktober sei ein Tag zum Feiern, die Wiedervereinigung ein "großes Glück". Dennoch werde heutzutage noch zu wenig über die jeweiligen Erfahrungen erzählt. Denn die Lebensgeschichten in Ost und West seien nicht nur vor der Friedlichen Revolution unterschiedlich verlaufen. "Die Erfolge in der Angleichung der Lebensverhältnisse zwischen Ost und West nach der Vereinigung zählen dazu ebenso wie die Wunden, die der Verlust der Arbeit und das Durchkreuzen der Lebenspläne vieler Menschen geschlagen haben", heißt es in der Erklärung.
Nicht Besserwisserei, sondern wechselseitiges Zuhören müsse die Grundhaltung sein, in der Menschen mit unterschiedlichen Geschichten aus Ost und West sich begegneten. Dann werde auch deutlich: "Es kommt nicht darauf an, wer aus dem 'Osten', dem 'Westen' oder anderswo herstammt. Es kommt darauf an, dass wir einander achten und beistehen", schrieben die Bischöfe.