"Hier etwas über das Knie zu brechen, ist viel zu kurz gedacht", erklärte Detlev Besier, Vorstandsmitglied der Evangelischen Arbeitsgemeinschaft für Kriegsdienstverweigerung und Frieden (EAK), am Freitag in Bonn. Die Wehrbeauftragte des Bundestages, Eva Högl (SPD), hatte eine Diskussion über die Wiedereinführung der Wehrpflicht angeregt. Auslöser waren rechtsextremistische Vorfälle in der Bundeswehr gewesen.
Besier, der auch Friedensbeauftragter der Evangelischen Kirche der Pfalz ist, bezeichnete Rechtsextremismus und Rechtspopulismus als trauriges Phänomen überall in der Gesellschaft - nicht nur in der Truppe. Das Problem müsse entschieden bekämpft werden, aber eine Diskussion über die Wehrpflicht "geht am Thema ziemlich vorbei", sagte er.
Der Pfarrer verwies zudem auf geänderte Strukturen der Bundeswehr seit der Aussetzung der Wehrpflicht 2011: "Da fehlen Kasernen, Ausbilder, Verwendungsmöglichkeiten", sagte er. "Das kann man doch nicht von heute auf morgen wieder umsetzen." Ein wichtiges Thema, das dabei überhaupt nicht angesprochen werde, sei die Frage der Kriegsdienstverweigerung und des Zivildienstes. Dafür seien etwa Zivildienststellen und Beratungsmöglichkeiten nötig.
Auch der Bundeswehrverband äußerte sich skeptisch zur allgemeinen Wehrpflicht. Deutschland sei sehr unüberlegt aus der Wehrpflicht ausgestiegen, sagte der Chef der Interessensvertretung, André Wüstner, der Düsseldorfer "Rheinischen Post" (Freitag). "Heute wäre es genauso unüberlegt, spontan wieder einzusteigen."
Den heutigen Herausforderungen könne ohne Wehrpflicht gut begegnet werden, "in Sachen Professionalität sogar besser als mit ihr", unterstrich Wüstner. Er verwies auch auf Kosten im Milliardenbereich, die bei der Rückkehr zur Wehrpflicht anstehen, unter anderem für Wehrerfassung, Ausbildung und Infrastruktur für neue Kasernen.