"Getränkemärkte haben auf, das Gotteshaus nicht. Wem wollen Sie das erklären?", sagte der Bestsellerautor und Theologe der "Neuen Osnabrücker Zeitung" (Sonntag/online). Eine solche Öffnung ließe sich mit einfachen Mitteln sicher gestalten: "mit Abstand, wie im Supermarkt". Das sei besser als Leerstand. Auch der Bundestag habe mit entsprechenden Vorsichtsmaßnahmen getagt. "Das kann man alles organisieren." Jede Gemeinde solle selbst entscheiden, wie sie verfahren wolle.
Wer wie er selbst zur Risikogruppe zähle, könne zu Hause zu bleiben - dies aber aus freien Stücken, sagte der Journalist: "Ein Verbot des Staates, sogar mit Strafen, ist ein Angriff auf die Religionsfreiheit." Hahne, der von 1992 bis 2009 Mitglied des Rats der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) war, warf der Kirchenführung vor, bereitwillig klein beigegeben zu haben. "Noch bevor der Staat mit Verboten kam, haben sich die Kirchen selbst schon in vorauseilendem Gehorsam geschlossen."
Kirchenrechtler: Massensterben verhindern
Dagegen hält der Staats- und Kirchenrechtler Hans Michael Heinig die Schließung von Kirchen wegen der Corona-Pandemie für gerechtfertigt. Zwar handele es sich um einen einmaligen Vorgang seit der Christianisierung Deutschlands, der einen "fraglos massiven Eingriff in die religiösen Freiheitsrechte" darstelle. Verboten sei aber nicht der Gottesdienst, sondern nur die Versammlung dazu. Stattdessen biete sich eine Online-Übertragung an.
Man müsse die Gefahr sehen, die einem öffentlichen Zusammenkommen gegenüberstehe. "Es geht um die Verhinderung eines ungehinderten Massensterbens", sagte Heinig der Zeitung. Klassische Ostergottesdienste zu feiern, halte er daher für "lebensfremd". Der Kern christlicher Theologie sei es, Vernunft und Glauben zusammenzubringen. "Dazu gehört es, unter dramatischen Umständen wie derzeit auch Ostern auf Versammlungen zu verzichten." Der Jurist ist Inhaber des Lehrstuhls für Öffentliches Recht an der Uni Göttingen.
Nach geltender Gesetzeslage ist eine Öffnung von Kirchengebäuden zum stillen Gebet im Grundsatz möglich. Viele katholische Kirchen und einzelne evangelische Kirchen wie der Bremer Dom verfahren so. Teilweise sind die Öffnungszeiten eingeschränkt, und ein Mindestabstand ist einzuhalten. Zudem müssen bestimmte Hygiene-Standards gewährleistet sein. Viele evangelische Landeskirche empfehlen ihren Gemeinden trotzdem, die Kirchengebäude wegen der Ansteckungsgefahr geschlossen zu halten. Für eine begrenzte Öffnung zum persönlichen Gebet hatte auch die Theologin und frühere EKD-Ratsvorsitzende Margot Käßmann plädiert.