"Solange keine Gottesdienste als gemeinschaftliche Zusammenkunft von Christinnen und Christen stattfinden können, sollten wir auf die Feier des Abendmahls bewusst verzichten", heißt es in einem aktuellen Positionspapier. Dass Christen während einer Gottesdienst-Übertragung zu Hause vor dem PC oder Fernseher ein Stück Brot und etwas Wein zu sich nehmen, entspreche nicht der Bedeutung des Abendmahls. Eine Feier sei nur möglich, wenn "für alle Beteiligten die Einheit von Raum, Zeit und leiblichem Zusammensein gilt und erfahrbar wird".
Auch bei einer Taufe wäre es nicht denkbar, dass ein Pfarrer in der Kirche die Taufformel spricht, "während zu Hause vor dem Bildschirm die Patentante den Täufling mit Leitungswasser übergießt", argumentierte der Theologe, der an der Mainzer Johannes-Gutenberg-Universität Praktische Theologie lehrt. Die Zulässigkeit von Online-Abendmahlsfeiern werde intern derzeit in den evangelischen Landeskirchen sehr intensiv und kontrovers diskutiert, sagte Fechtner dem Evangelischen Pressedienst (epd). Selten habe er innerhalb kurzer Zeit so viele unterschiedliche Reaktionen auf ein theologisches Papier erhalten. Eine einheitliche Haltung gebe es bislang nicht.
Vor allem kurz vor Gründonnerstag und Ostern stelle sich die Frage vielerorts besonders dringend. Gottesdienste in Kirchen sind bundesweit wegen der Pandemie auch über die Ostertage verboten. Die Verantwortlichen müssten nun entscheiden, ob sie ihre Gemeindemitglieder vor Online-Übertragungen auffordern, sich Brot und Wein bereitzustellen. Einige Gemeinden, insbesondere evangelikal ausgerichtete, würden dies bereits praktizieren.
Die hessen-nassauische Landeskirche (EKHN) hat mittlerweile eine Liturgie für ein häusliches "Stärkungsmahl" in der Osterzeit ausgearbeitet. "Da in diesen Tagen die Gemeinde nicht als gottesdienstliche Gemeinschaft zusammenkommen kann, ist es nicht möglich, Abendmahl in der gewohnten Form gemeinsam in der Kirche zu feiern", heißt es in einer Orientierungshilfe der Kirche an ihre Gemeinden. "Dennoch kann es in dieser schwierigen Zeit besonders wichtig sein, Menschen in der Erinnerung an die Gemeinschaft Jesu zu stärken." Dies könne auch online von verschiedenen Orten aus geschehen.
Katholische Priester feiern inzwischen sonntags die Eucharistie allein in den leeren Kirchen - stellvertretend für den Rest der Gemeinde. Eine Lösung wie in den katholischen Bistümern sei ebenfalls mit dem evangelischen Abendmahlsverständnis nicht vereinbar, sagte Fechtner dem epd: "Auch auf der katholischen Seite haben Theologen Einspruch gegen diese römische Praxis erhoben."
Hinweise der EKD zum Umgang mit dem Abendmahlin der Corona-Krise: