Bischöfe für konsequente Strafverfolgung bei Missbrauch

Gesten und Zuneigung zwischen Erwachsenene und Kindern werden unter Generalverdacht gestellt
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Landesbischof Ralf Meister sagte: "Die Täter haben Grundgefühle des Miteinanders, das wir in Gesten und Zuneigung ausgedrückt haben unter Generalverdacht gestellt. Das hat Auswirkungen darauf, wie sich momentan Erwachsene und Kinder begegnen."
Bischöfe für konsequente Strafverfolgung bei Missbrauch
Angesichts des sexuellen Missbrauchs in der Kirche haben sich der evangelische Landesbischof Ralf Meister (Hannover) und der katholische Bischof Heiner Wilmer (Hildesheim) gemeinsam für eine konsequente und kompromisslose Strafverfolgung durch den Staat ausgesprochen.

Sie würden beide jederzeit alles Notwendige tun, damit die Täter zur Rechenschaft gezogen und den staatlichen Behörden übergeben werden, sagten die Theologen im Gespräch mit dem Evangelischen Pressedienst (epd). "Es kann nicht sein, dass wir uns bei schwierigen, hoch komplexen Themen in einer Binnenkultur abschließen", sagte Wilmer. "Eine Wagenburg-Mentalität hilft nicht."

Sowohl Wilmer als auch Meister sprachen sich für eine verstärkte Prävention aus. Der Landesbischof der Evangelisch-lutherischen Landeskirche Hannovers, Meister, sagte, die Kirchen hätten in den vergangenen Jahren viel in der Prävention verbessert, aber wichtig sei auch die Frage nach den systemischen Ursachen: "Die Konsequenzen, die daraus für die Zukunft entstehen müssen, sind noch nicht ausreichend geklärt." Derzeit gehe es in der Diskussion sehr stark um den ehrlichen Umgang mit der vergangenen Situation und den Zugang zu Dokumenten.



Wilmer, der erst seit wenigen Wochen im Amt ist, betonte, jede Institution müsse grundsätzlich alles geben, um den betroffenen Menschen zu helfen. Gleichzeitig müssten die Kirchen sich für externe Expertise öffnen. "Wir brauchen einen geschulten Sachverstand, dem wir uns anvertrauen und der uns unterstützt, um den betroffenen Menschen zu helfen und um Täter so schnell wie möglich aus dem Verkehr zu ziehen." Präventive Maßnahmen müssten so etabliert werden, dass sie zur Struktur und der Institution der Kirchen gehörten: "Mit dem Ziel, eine solche sexualisierte Gewalt möglichst abzustellen", sagte der Bischof des katholischen Bistums Hildesheim.

Meister zeigte sich erschüttert darüber, dass die Täter nicht nur die Opfer schwer geschädigt, sondern auch das zwischenmenschliche Vertrauen in der gesamten Gesellschaft zerstört hätten. "Sie haben Grundgefühle des Miteinanders, das wir in Gesten und Zuneigung ausgedrückt haben unter Generalverdacht gestellt. Das hat Auswirkungen darauf, wie sich momentan Erwachsene und Kinder begegnen." Dies sei ein "globaler Kollateralschaden", der jeden Menschen ergreife. "Aus dieser Situation werden wir uns nicht mehr befreien können, und das erfüllt mich mit Sorge."

Laut einer kürzlich vorgestellten bundesweiten Studie waren im katholischen Bistum Hildesheim in den vergangenen Jahrzehnten mindestens 153 Menschen Opfer von sexualisierter Gewalt. Beschuldigt sind der Erhebung zufolge 46 Priester, von denen zehn noch leben. Als Reaktion auf die Studie hatte Niedersachsens Justizministerin Barbara Havliza (CDU) die Bistümer aufgefordert, den Staatsanwaltschaften Einblick in die Unterlagen zu gewähren. In der Evangelisch-lutherischen Landeskirche Hannovers, die drei Viertel Niedersachsens umfasst, wurden seit 1998 zehn Verfahren wegen sexuellen Missbrauchs gezählt, darunter auch privatrechtliche Fälle. Insgesamt 98 Fälle hätten sich in den vergangenen Jahrzehnten in diakonischen Einrichtungen ereignet.