"Die digitale Teilhabe ist zu einer zentralen Voraussetzung für soziale Teilhabe geworden. Wir dürfen nicht neue Ausgrenzungen produzieren." Deshalb werde eine Caritaskampagne im kommenden Jahr dieses Thema aufgreifen. Die Regierenden vernachlässigten noch immer die sozialpolitische Dimension der Netzpolitik. "Das Geld fließt fast ausschließlich in digitale Projekte in der Wissenschaft und in der Wirtschaft und kaum in den sozialen Bereich, betonte Neher zum Abschluss der 18. Delegiertenversammlung des Deutschen Caritasverbandes. Die von der Bundesregierung erstmals gewährte Unterstützung der sechs Wohlfahrtsverbände von insgesamt 3,2 Millionen Euro für ein Jahr sei deutlich zu wenig: "Das sind nur Brosamen am Tisch der großen Mittel."
Der Caritas-Präsidenten forderte darüber hinaus die Landesregierungen auf, in die Lehrpläne von Schulen und Weiterbildungseinrichtungen den Erwerb digitaler Kompetenzen verbindlich aufzunehmen. Derzeit lernten etwa Krankenpflegeschüler noch nicht, wie Patientenakten oder Pflegepläne digital einzurichten und zu führen seien. Zudem müssten auch Langzeitarbeitslose, Niedrigqualifizierte und ältere Menschen weitergebildet werden. Alle Menschen müssten die Chance haben, lebenslang im digitalen Bereich zu lernen.
Caritas-Sozialexpertin Eva Maria Welskop-Deffaa erklärte, dass die Beratung des Wohlfahrtsverbandes im Internet künftig leichter auffindbar sein solle. Wenn etwa eine schwangere Frau Hilfe suche, sollte sie im Netz auf die entsprechende Beratung der Caritas stoßen, auch wenn sie gar nicht wisse, dass der Wohlfahrtsverband diese anbiete. Es gehe um eine niedrigschwellige Erreichbarkeit. "Der technische Maßstab ist das, was Amazon und Google vormachen." Hinzu komme allerdings eine ethische Grundhaltung, die den Verkauf von Kundendaten ausschließe.
Rund 170 Vertreter örtlicher Caritasverbände aus dem gesamten Bundesgebiet hatten drei Tage lang zudem über Armutsbekämpfung und Populismus in Europa diskutiert. Die Versammlung ist das höchste Beschlussorgan des Caritasverbandes.