Die Staatsanwaltschaft in Bad Kreuznach bestätigte dem Evangelischen Pressedienst (epd) am Dienstag, dass der Rhein-Hunsrück-Kreis in insgesamt neun Fällen Strafanzeigen gegen Verantwortliche aus Kirchengemeinden gestellt habe, die zurzeit Kirchenasyl gewähren. Die Ermittlungsbehörde werde voraussichtlich in den kommenden Tagen entscheiden, ob sie ein formelles Strafverfahren einleite, sagte Oberstaatsanwalt Kai Fuhrmann. Auch die ins Kirchenasyl aufgenommenen Flüchtlinge seien wegen illegalen Aufenthalts angezeigt worden.
Die Koblenzer "Rhein-Zeitung" berichtete, dass bereits im Juni ein Versuch der Kreisverwaltung gescheitert sei, ein Kirchenasyl im Rhein-Hunsrück-Kreis durch einen Polizeieinsatz aufzulösen. In dem Fall sei es um einen Sudanesen gegangen, der nach den Dublin-Bestimmungen zurück nach Italien gebracht werden sollte. Einen Tag vor der geplanten Abschiebung hatte das Mainzer Integrationsministerium den zuständigen Landrat Marlon Bröhr (CDU) angewiesen, auf Zwangsmaßnahmen gegen das Kirchenasyl zu verzichten.
Die Evangelische Kirche im Rheinland, zu der die betroffenen Gemeinden gehören, teilte dem epd auf Nachfrage mit, Kirchenasyl werde nur nach reiflicher Überlegung gewährt, wenn besondere humanitäre Härten vorliegen. In der Regel werde dies von den politisch Verantwortlichen mitgetragen. "Allerdings verfolgen wir mit Sorge, dass diese Humanität durch ein sich änderndes politisches und gesellschaftliches Klima zusehends unter Druck gerät", erklärte Vizepräses Christoph Pistorius. Die konkrete Situation im Rhein-Hunsrück-Kreis wollte die Landeskirche zunächst nicht kommentieren.
In Rheinland-Pfalz gab es seit 2017 eine ganze Reihe von Konflikten um Menschen im Kirchenasyl. Für Aufsehen sorgte ein Fall in Ludwigshafen, bei dem die Polizei eine koptische Familie in den Kirchenräumen festgenommen hatte. In Budenheim bei Mainz hatte die Kreisverwaltung eine katholische Kirche erfolglos nach einem untergetauchten Flüchtling durchsuchen lassen, dessen Kirchenasyl offiziell bereits beendet worden war. Im Frühjahr 2018 wurde ein Strafverfahren gegen einen evangelischer Pfarrer aus der Pfalz eingeleitet und erst gegen Zahlung einer Geldauflage in Höhe von 1.200 Euro wieder eingestellt.