Lautes Lachen und Gequassel hallen aus dem Computerraum der Produktionsschule des Lernbetriebs Frankfurt. "Ein paar der Schüler haben morgen mündliche Prüfung in Deutsch und Mathe", versucht Lehrer Volker Haack gegen rund zehn Jugendliche anzureden. Shirin und ihre Freundin Almedina sind überhaupt nicht aufgeregt. "Wir sind gut vorbereitet", sind sich die Mädchen sicher und zwinkern ihrem Lehrer zu.
Die 18-jährige Shirin hat vor ihrer Zeit im Lernbetrieb eine Berufsschule besucht. "Ich hab ständig geschwänzt, zuletzt bin ich gar nicht mehr hingegangen", erzählt das dunkelhaarige Mädchen. Jetzt freue sie sich sogar auf die Schule. "Jeder kennt jeden", erklärt sie und ihre Mitschüler nicken zustimmend. Die 16-jährige Almedina war früher auch kaum im Unterricht. Ständig hatte sie Stress mit ihren Eltern. An der Produktionsschule helfen ihr die Lehrer und Sozialpädagogen - auch bei privaten Problemen. In ein paar Jahren möchte sie ihren Realabschluss machen, eventuell auch ihr Fachabitur.
Jeder lernt in seinem Tempo
Auch viele Ex-Schulschwänzer seien dabei: "Die sind auch hier oft unpünktlich." Träger der 2007 gegründeten Schule ist der Evangelische Verein für Jugendsozialarbeit in Frankfurt am Main. Der Lernbetrieb setzt sich aus der Schule sowie mehreren Produktionsbereichen wie Gastronomie, Handwerk und Schreinerei zusammen. Zweimal die Woche besuchen die Jugendlichen die Schule, an den anderen Tagen arbeiten sie in den Produktionsstätten. Den Bereich können sie sich selbst aussuchen. Gefördert wird das Projekt unter anderem durch die Fraport-Stiftung.
Das Besondere an der Produktionsschule seien die kleinen, familiären Lerngruppen, erklärt Rogowski. Hausaufgaben gebe es nicht, jeder lerne in seinem Tempo. Zurzeit sind 85 Jugendliche an der Schule angemeldet. Davon sind 25 in der Ausbildung, 60 in der sogenannten Berufsvorbereitung. Dabei durchlaufen sie zum Beispiel verschiedene Praktika. 25 unter ihnen möchten ihren Hauptschulabschluss machen.
Auszubildender Necef erhält eine Festanstellung
"Streber haben wir hier auch", erzählt Rogowski lachend. Besonders die Flüchtlinge wären beim Deutschlernen extrem ehrgeizig. "Wenn die Lehrerin mal nicht da ist, sind die richtig sauer." Ohnehin sei die Erfolgsquote hoch, sagt Rogowski. Den Hauptschulabschluss würden bis auf zwei, drei Schüler im Jahr alle schaffen.
Im Malerbetrieb im Keller der Schule unterschreibt gerade Necef den Bewertungsbogen seines Chefs. Zufrieden grinsend geht der 19-Jährige zur Tür, als ihn Malermeister Franz Kaiser stoppt. "Den solltest du doch abheften, Mensch", ruft er seinem Sprössling hinterher und legt das Papier zu den Unterlagen. "Sorry", lacht Necef über seine Schusseligkeit hinweg. Seit zwei Jahren macht er hier eine Ausbildung zum Maler. Eine Festanstellung in einem Frankfurter Betrieb hat Necef schon sicher. Als Necef herkam, konnte er kaum Deutsch. "Herr Kaiser hat mir sogar Nachhilfeunterricht klargemacht", sagt er und Kaiser einen dankbaren Blick zu.
Die Jugendlichen nutzen ihre zweite Chance
Einige Kilometer weiter im Stadtteil Preungesheim arbeiten vier Jugendliche in der Schreinerei des Lernbetriebs gerade an einem Kleiderschrank für eine Dachgeschosswohnung. Der Auftrag kommt von einer privaten Kundin. Oft würde der Betrieb aber auch größere Aufträge für Firmen annehmen, erklärt Schreinermeister Holger Spitzkopf, während er seinen Azubis an der Holzschneidemaschine über die Schultern schaut.
Younes und Fateh sind fast fertig mit ihrer Ausbildung zum Schreiner, Kirandeep und Yori sind noch frisch im ersten Lehrjahr. Die Atmosphäre empfinden alle als locker und entspannt. "Wir lernen aber auch viel", sagt Younes fast verteidigend. Ab und zu gebe es auch Probleme mit den Jugendlichen, sagt Spitzkopf. "Mal ist die Motivation halt nicht so da oder die Jungs sind müde. Ganz normal halt." Lachend und quatschend zieht sich das Vierer-Gespann in die Pause zurück, bevor es wieder an die Arbeit geht. Das mit der zweiten Chance scheint zu funktionieren.