Im Postamt des Osterhasen im niedersächsischen Ostereistedt herrscht konzentrierte Stille. 14 Frauen und Männer bearbeiten hier im Dorfgemeinschaftshaus die Briefe von Kindern aus der ganzen Welt an den Osterhasen oder Hanni Hase. "Jeder Brief wird gelesen, und jedes Kind bekommt einen Antwortbrief von uns", verspricht die oberste Sekretärin im Auftrag des Osterhasen, Doris Kröger. Das Team hat gut zu tun: Bis zu 3.000 Briefe kommen täglich im Osterpostamt an.
In diesem Jahr sind schon weit mehr als 40.000 Briefe eingegangen, sagt Kröger: "Fast alle sind von Hand geschrieben oder auch gemalt." Viele dieser Kinderbilder seien wahre Kunstwerke. An einer Pinnwand sind die schönsten Briefe und Bilder aufgehängt. Nicht selten kommen sogar kleine Geschenke im Osterpostamt an: "Darin ist manchmal etwas Gebasteltes, ein bemaltes Osterei oder auch mal eine Möhre und ein Apfel als Kraftfutter für den Osterhasen." Andere schicken dem Osterhasen ihren letzten Schnuller.
"Die Briefe der Kinder haben es echt in sich", berichtet die Chefin. Ein Kind habe voller Sorge geschrieben, dass es mit seiner Familie über die Osterfeiertage zu den Großeltern nach Tirol reist. "Dem Brief war eine präzise Wegbeschreibung beigelegt, damit der Osterhase weiß, wo er die Eier verstecken muss." Andere Kinder schreiben, dass sie im Kindergarten oder der Schule von armen Kindern in anderen Ländern gehört haben, und bieten dem Osterhasen an, dass er ihre Spielsachen zu diesen Kindern bringen könne.
Selbst Liebeskummer wird Hanni Hase anvertraut - und auch noch Traurigeres. Ein Mädchen habe geschrieben, dass beide Großeltern gestorben sind. "Solche Briefe nehme ich dann mit nach Hause", sagt Kröger. "Da benötige ich Zeit für eine persönliche Antwort." Die meisten Briefe verhandeln vergnüglichere Themen. "Manchmal können wir nur noch von Herzen lachen", sagt Doris Kröger und erzählt mit Lachtränen in den Augen von einem Heiratsantrag eines Mädchens an den Osterhasen. Andere wollen wissen, ob der Osterhase mit dem Christkind verheiratet ist und wo Hanni Hase nach den anstrengenden Feiertagen seinen Urlaub verbringt.
Manchmal sind echte Herausforderungen dabei. "Ich habe einmal ein Schach-Problem bekommen", berichtet Hans-Hermann Dunker. Das sei eine Hausaufgabe für die Schule gewesen - "Schach Matt in drei Zügen". An der Aufgabe habe er tagelang geknobelt, bis er endlich die Lösung fand und antworten konnte. Dunker ist ein Urgestein im Osterpostamt. Jahrzehntelang war der heute 86-Jährige Leiter des Osterpostamts - "und ich kann es immer noch nicht lassen", sagt er. Dunker ist vorrangig für die Post aus dem Ausland zuständig. "Bisher sind es mehr als 1.000 Briefe aus 33 Ländern." Denn die Adresse vom Osterhasen - Hanni Hase, Am Waldrand 12 in 27404 Ostereistedt - ist mittlerweile in der ganzen Welt bekannt.
Die Briefe kommen aus ganz Europa, aus Russland, den USA und China. Auch wenn es mit den asiatischen Schriftzeichen manchmal schwierig ist: "Solange ein erkennbarer Absender dabei ist, versenden wir auch eine Antwort", unterstreicht Dunker und fügt hinzu: "Aber nur in englischer Sprache." Spannend seien die vielen internationalen Briefmarken. Doch die bleiben nicht bei Hanni Hase. Sie werden gesammelt und nach Bethel bei Bielefeld geschickt. In der diakonischen Einrichtung werden die bunten Wertzeichen von Menschen mit Behinderung aufbereitet, sortiert und für den Verkauf an Sammler verpackt. Der Erlös fließt in die Arbeit von Bethel.
Wer Post von Hanni Hase bekommen möchte, muss seinen Brief an den Osterhasen bis zum 15. April in den Briefkasten geworfen haben, sagt Doris Kröger. "Und nicht den Absender vergessen, sonst können wir nicht antworten."