Die EU-Kommission hat zwei neue Konzepte vorgelegt, wie mit auf dem Mittelmeer geretteten und aufgegriffenen Menschen umzugehen ist. Danach sollen die Migranten und Flüchtlinge entweder in der EU oder in Drittländern an Land gebracht werden, wie die Behörde am Dienstag in Brüssel mitteilte. Dort soll jeweils über ihren weiteren Aufenthalt entschieden werden.
Werden die Menschen in einem EU-Land angelandet, würden sie in ein sogenanntes kontrolliertes Zentrum gebracht. "Diese Zentren würden vom Aufnahmemitgliedstaat mit voller Unterstützung der EU und der EU-Agenturen verwaltet und könnten je nach Standort vorübergehend oder ad hoc eingerichtet werden", erklärte die Kommission.
EU-Staaten sollen sich freiwillig meldenRegistrierung und eine erste Asylprüfung in den Zentren sollen höchstens drei Tage dauern. Danach würden Schutzbedürftige auf weitere EU-Staaten verteilt und andere Migranten abgeschoben. Ein Teil der Asylanträge könnte aber auch in den Zentren weiterverfolgt werden, hieß es aus der EU-Kommission. Alle Prozesse zusammen sollen nicht länger als vier bis acht Wochen dauern. So lange könnten Menschen demnach in den Zentren bleiben.
Die Entscheidung, ob die Zentren Haftanstalten ähneln, sollen nach dem Willen der EU-Kommission die Staaten treffen, die sie einrichten. Die EU-Kommission will für die Zentren komplett zahlen und Personal schicken, darunter Grenzschützer, Asylexperten und Dolmetscher. Sowohl für die Einrichtung kontrollierter Zentren als auch für die Aufnahme der Schutzbedürftigen aus den Zentren müssen sich EU-Staaten freiwillig melden. Für die Aufnahme gäbe es pro Flüchtling 6.000 Euro aus dem EU-Haushalt.
Würden die Menschen in einem Nicht-EU-Land zum Beispiel in Nordafrika abgesetzt, griffe laut Kommission das Konzept "regionaler Ausschiffungsvereinbarungen". Gemeinsam mit den Vereinten Nationen würde der Schutzanspruch der Menschen geprüft. Schutzbedürftige könnten per "Resettlement" zum Beispiel in die EU gebracht und andere Migranten in ihre Heimat begleitet werden. Im Gegensatz zu den Zentren in Europa steht für die in den Drittländern schon fest, dass es keine Haftanstalten sein sollen. Den Menschenrechten und dem Völkerrecht werde Genüge getan, kündigte die Kommission an.
Allerdings erhielten nicht alle wirklich Schutzbedürftigen dem Konzept zufolge ein "Resettlement". Mit diesem Schritt will die Kommission vermeiden, dass das Konzept überhaupt erst dazu reizt, sich auf die Reise zu machen ("Pull-Faktor"). Aus demselben Grund sollen die Plätze, von denen aus "Resettlement" stattfindet, so weit wie möglich von den Orten entfernt sein, von denen Migranten irregulär nach Europa aufbrechen.
Die Vorschläge basieren auf den Beschlüssen des EU-Gipfels Ende Juni. Damit wird zugleich auf die neue Politik Italiens reagiert, das Schiffe mit Flüchtlingen und Migranten die Anlandung in den vergangenen Wochen verwehrt oder erschwert hat. Für die "kontrollierten Zentren" will die Kommission sobald wie möglich eine Pilotphase starten. Bereits am Mittwoch könnten die Botschafter der EU-Länder bei einem turnusmäßigen Treffen in Brüssel über die Zentren und die "Ausschiffungsvereinbarungen" sprechen.
Zu letzteren steht am 30. Juli 2018 nauch ein Treffen mit den Vereinten Nationen in Genf an. An Drittstaaten will die EU erst herantreten, wenn sie eine einheitliche Linie gefunden hat. Zuletzt gab es immer wieder Medienberichte, dass insbesondere nordafrikanische Länder den europäischen Plänen skeptisch gegenüberstehen.
Die EU-Kommission sieht die Konzepte nicht als Alternative zu europäischen Lösungen in der Asylpolitik, im Gegenteil. "Mehr denn je brauchen wir gemeinsame europäische Lösungen für die Herausforderungen der Migration", erklärte Migrationskommissar Dimitris Avramopoulos. Auch die Arbeiten an der Reform des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems sollen unvermindert weitergehen.