Merkel für europäische Antwort im Asylstreit

Merkel für europäische Antwort im Asylstreit
Im Berliner Streit über die künftige Flüchtlingspolitik mehren sich die mahnenden Stimmen. Von innerhalb und außerhalb der Union kommen Aufrufe zu einer verantwortungsvollen Lösung.

Im Asylstreit hat Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) die Bedeutung einer EU-weiten Lösung bekräftigt. "Das ist eine europäische Herausforderung, die auch eine europäische Antwort braucht", sagte sie am Samstag in ihrem wöchentlichen Video-Podcast. Zugleich erklärte die Kanzlerin, sie halte den Umgang mit der Flüchtlingsfrage für eines der entscheidenden Themen für den Zusammenhalt Europas.

CSU droht mit Alleingang

Die Kanzlerin will darüber auf einem EU-Gipfel Ende Juni mit den EU-Partnern verhandeln. Dafür hat sie die Rückendeckung der CDU. Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) hat jedoch angedroht, im Alleingang Flüchtlinge, die bereits in einem anderen EU-Land einen Asylantrag gestellt haben, an der Grenze zurückzuweisen. Schon am Montag will er mit dem CSU-Vorstand über das Thema beraten.

EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker warnte am Samstag vor nationalen Alleingängen in der Flüchtlingspolitik. "Wir müssen ein europaweit geltendes Asylrecht haben", sagte er dem Radiosender B5 aktuell des Bayerischen Rundfunks (BR). Er forderte die Mitgliedsstaaten zu Richtungsentscheidungen auf.

Flüchtlingskrise ist gesamteuropäische Aufgabe

Auch Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) betonte im Deutschlandfunk-"Interview der Woche", die Flüchtlingskrise sei eine gesamteuropäische Aufgabe. An die zerstrittenen Unionsparteien in Berlin appellierte er, ihre Streitigkeiten im Sinne der Verantwortung für Deutschland zu lösen. "Wenn Sie sich den Zustand anderer europäischer Demokratien anschauen, dürfen wir in Deutschland nicht diese Wege gehen und verbieten uns deshalb auch solche Formen der Auseinandersetzung in einer gemeinsamen Regierung", sagte er.

Der frühere bayerische Ministerpräsident Günther Beckstein zeigte sich überzeugt, dass die Fraktionsgemeinschaft von CDU und CSU an dem Streit nicht zerbricht. "Das trägt diese Frage nicht", sagte Beckstein dem Radiosender Bayern2 des BR. In einer Familie müsse man "immer mal wieder unterschiedliche Meinungen aushalten" und da gebe es "das möglicherweise schon, dass sich jemand ärgert, vielleicht auch öffentlich ärgert".

Lage ist derzeit ruhig

Der Deutsche Städte- und Gemeindebund hält den Asylstreit angesichts der aktuellen Situation für überbewertet. "Fakt ist doch: Die Lage ist im Moment ruhig", sagte Hauptgeschäftsführer Gerd Landsberg der "Neuen Osnabrücker Zeitung" (Samstag). Die Zahl von 200.000 Flüchtlingen pro Jahr werde derzeit nicht überschritten, und das sei auch nicht zu erwarten.



In den ersten fünf Monaten 2018 stellten nach Berichten der "Passauer Neuen Presse" (Samstag) rund 78.000 Menschen einen Asylantrag. Bis Mitte Juni seien gut 18.000 Asylbewerber aufgenommen worden, die schon in der sogenannten Eurodac-Datei registriert gewesen seien und damit in einem anderen EU-Land ihr Asylverfahren abschließen müssten. Die Zeitung bezog sich auf Zahlen des Bundesinnenministeriums, die dieses vermutlich am Montag veröffentlicht.

Landsberg betonte, dass es keinen Stimmungsumschwung gegen Flüchtlinge nach den jüngsten Gewalttaten von Asylbewerbern gebe. "Die Kommunen werben bei der Bevölkerung dafür, diese furchtbaren Ereignisse nicht dazu zu nutzen, alle Flüchtlinge unter Generalverdacht zu stellen."