In Norwegen genieße der Pflegeberuf auch ein viel höheres Ansehen als in Deutschland. "Der Pflegeberuf muss weiterentwickelt werden", sagte der Präsident des evangelischen Wohlfahrtsverbandes. Pflege werde immer anspruchsvoller und die Krankheitsbilder komplizierter. Menschen in Pflegeeinrichtungen seien nicht nur oft sehr alt, sondern hätten auch viele Vorerkrankungen. "Wir müssen uns in der Gesellschaft darüber verständigen, was uns das vierte Gebot eigentlich noch wert ist: Du sollst deinen Vater und deine Mutter ehren", betonte Lilie. Es gehe um die Frage, was die Gesellschaft bereit sei aufzubringen, damit Eltern und Großeltern in Würde leben könnten.
"Leider gibt es nach wie vor keine vernünftige Finanzierung der Pflege", erklärte der Diakonie-Präsident. Die Krankenkassen müssten ihren Teil leisten und zusätzlich drei Milliarden Euro pro Jahr für die Finanzierung der medizinischen Behandlungspflege in stationären Pflegeeinrichtungen ausgeben. "Wir müssen auch darüber reden, wie wir die Pflegeversicherung dauerhaft finanziell besser ausstatten - etwa mit einer moderaten Anhebung oder mit einer Orientierung der Beitragsbemessungsgrenze an den Rentenversicherungsbeiträgen oder über eine steuerliche Mitfinanzierung", sagte er.
"Sehr alt und pflegebedürftig zu werden, darf in Deutschland keine Horrorvorstellung werden", betonte Lilie. "Wenn wir keine anständige Versorgung der ganz alten Menschen hinbekommen, werden wir sehen, dass der assistierte Suizid für viele zur echten Alternative wird." Es könne nicht sein, dass die Gesellschaft irgendwann den Giftcocktail als ideale Lösung für das Lebensende betrachte, unterstrich der Diakonie-Präsident.
Eine qualifizierte und empathische Pflege sei die würdevolle Alternative. Dafür gebe es bereits sehr gute medizinische und pflegerische Möglichkeiten. "Der natürliche und würdevolle Tod muss das Ziel einer humanen Gesellschaft sein", unterstrich Lilie.