Insgesamt seien der Landeskirche zehn Glocken bekannt, die während der Zeit des Nationalsozialismus aufgehängt worden seien und heute noch hingen, sagte Oberkirchenrat Michael Gärtner am Dienstag in Speyer. Fünf dieser Glocken hätten eine den Nationalsozialismus mehr oder weniger verherrlichende Inschrift.
Die Landeskirche empfehle den Kirchengemeinde, die Glocken mit Nazi-Inschrift auszutauschen, sofern sie ihr Eigentum seien, sagte Gärtner. Sie sollten danach öffentlich gezeigt und die Inschriften erläutert werden. Nach Gärtners Worten sollen die Glocken nicht in den Kirchengemeinden ausgestellt werden, um keine Pilgerstätten für Neonazis zu schaffen. Eine neue Glocke kostet nach Angaben des Oberkirchenrats je nach Größe zwischen 15.000 und 30.000 Euro. Wenn die zur Verfügung gestellten 150.000 Euro für den Austausch nicht ausreichten, werde die Landeskirche mehr Geld zur Verfügung stellen.
Gärtner betonte, dass die Landeskirche den Gemeinden nicht vorschreiben könne, wie sie mit Nazi-Glocken umgehen. Das könne nur das Presbyterium entscheiden. Inzwischen sind in zwei Fällen Gutachten über betroffene Glocken bei der landeskirchlichen Glockensachverständigen in Auftrag gegeben worden.
Vor allem der Fall einer Glocke in dem rund 750 Einwohner zählenden Herxheim am Berg hatte vor einigen Wochen die Gemüter erregt. In die 1934 gegossene Glocke sind ein Hakenkreuz und die Inschrift "Alles fuer?s Vaterland - Adolf Hitler" eingraviert. Im Laufe der Debatte musste der Ortsbürgermeister wegen unbedachter Äußerungen über die NS-Zeit zurücktreten. Das Presbyterium der Kirchengemeinde hat inzwischen beschlossen, die Glocke, die der weltlichen Gemeinde gehört, nicht mehr für den liturgischen Gebrauch zu nutzen. Auf Beschluss des Gemeinderats wurde auch das viertelstündige Schlagen der Glocke eingestellt.