Um künftige Hungerkrisen zu vermeiden, fordern entwicklungspolitische Organisationen die Ausrichtung der Agrar- und Handelspolitik auf die Menschenrechte sowie eine engagierte Klimapolitik. Die Bundesregierung vertraue bei der Hungerbekämpfung zu sehr auf offene, liberalisierte Märkte, sagte der Geschäftsführer der Menschenrechtsorganisation Fian Deutschland, Philipp Mimkes, am Donnerstag in Köln.
Ohne Schutzmechanismen könnten arme Bevölkerungsgruppen aber nicht mit industriellen globalisierten Agrarsystemen konkurrieren. "Dann nimmt der Hunger zu und nicht ab", erklärte Mimkes zur Veröffentlichung eines Berichts von Fian und "Brot für die Welt" zum Recht auf Nahrung. Kleinbauern, die bis zu 70 Prozent der Grundnahrungsmittel weltweit produzierten, würden durch Großinvestitionen häufig verdrängt. Zudem verschärften sich durch den übermäßigen Einsatz von Dünger und Agrarchemikalien ökologische Probleme, sagte der Fian-Geschäftsführer vor Beginn einer UN-Ernährungskonferenz am Montag in Rom.
Hungerkrise soll sich nicht wiederholen
Cornelia Füllkrug-Weitzel, Präsidentin des evangelischen Hilfswerks "Brot für die Welt", verwies auf die Hungerkrise von 2007/2008. Sie habe gezeigt, dass jeder Anstieg der Preise für Grundnahrungsmittel sich unmittelbar auf die Ärmsten auswirke und die Zahl der Hungernden in die Höhe treibe. Damit sich eine solche Krise nicht wiederhole, seien stabile, aber auch faire Preise für Konsumenten wie für Produzenten wichtig, erklärte Füllkrug-Weitzel. Kleinbauern benötigten zudem Zugang zu verbesserten Anbaumethoden und zu Krediten.
Vor zehn Jahren waren weltweit die Preise für Grundnahrungsmittel explodiert. Die Zahl der Hungernden stieg auf über eine Milliarde Menschen, in Dutzenden Ländern kam es zu Unruhen.
815 Millionen Menschen chronisch unterernährt
Als Ursachen der Hungerkrise sind in dem 10. Jahrbuch zum Recht auf Nahrung die Öffnung der Agrarmärkte in Entwicklungsländern, Spekulation mit Nahrungsmitteln, ein zu starker Fokus auf industrielle Produktion, ein großflächiger Anbau von Biokraftstoffen und der Klimawandel genannt. Viele Regierungen hätten zudem kein Interesse, sich um Arme und Hungernde zu kümmern.
Laut jüngsten Zahlen der UN-Ernährungsorganisation FAO waren 2016 insgesamt etwa 815 Millionen Menschen chronisch unterernährt, elf Prozent der Weltbevölkerung. Das waren 38 Millionen mehr als im Jahr davor. Erstmals seit Jahren ist die Zahl der Hungernden damit wieder angestiegen. In den nachhaltigen UN-Entwicklungszielen hat die Staatengemeinschaft vereinbart, den Hunger bis 2030 zu überwinden und somit das Recht auf Nahrung für alle Menschen zu verwirklichen.