In einem zweijährigen Prozess hatte eine Arbeitsgruppe das Papier mit dem Titel "Zur Zukunft des Gefängnissystems" entwickelt. Deutschlandweit sind derzeit rund 13.000 Gefangene in Untersuchungshaft, wie der Vorsitzende der Konferenz, Ulli Schönrock, sagte. Die meisten davon säßen wegen kleinerer Delikte ein. Adrian Tillmanns, stellvertretender Vorsitzender der Konferenz, betonte, es gehe darum, gar nicht erst straffällig zu werden und zum Beispiel auf das Schwarzfahren zu verzichten. Die meisten Menschen, die im Gefängnis sitzen, seien arm und deswegen dort gelandet. Auch immer mehr ältere Menschen seien betroffen.
Die Konferenz schlägt ein kostenloses Ticket für den Öffentlichen Personennahverkehr vor. Auch in der Drogenpolitik wird ein Umdenken gefordert. Nach Auffassung der Konferenz soll es zum Beispiel möglich sein, Cannabis auf Rezept kaufen zu dürfen.
Auch die Familien von Inhaftierten müssten mehr berücksichtigt werden, forderte Barbara Zöller von der Angehörigenarbeit der Justizvollzugsanstalt Butzbach. Insbesondere Kinder litten oft unter der Situation. Längere Besuchs- und Telefonzeiten wären nach Zöllers Worten ein erster Schritt in die richtige Richtung.
Mit dem Diskussionspapier will die Konferenz einen Diskurs in Kirche und Politik anregen. Die letzte bundesweite Debatte liege 25 Jahre zurück. 1990 veröffentlichte die Evangelische Kirche in Deutschland unter dem Titel "Strafe - ein Tor zur Versöhnung?" eine Denkschrift. Seitdem hat es nach Einschätzung der Konferenz keine Reform mehr gegeben. Das Thema sei in den vergangenen Jahren aus der gesellschaftlichen Debatte verschwunden.
Die Evangelische Konferenz für Gefängnisseelsorge in Deutschland ist der Zusammenschluss von fast 300 evangelischen Seelsorgern in den Justizvollzugsanstalten Deutschlands. Die Pfarrerinnen und Pfarrer begleiten Mitarbeiter, Insassen und Angehörige.