Paradigmenwechsel in der Pflege ein Muss

Paradigmenwechsel in der Pflege ein Muss
Die Evangelische Heimstiftung als größter Pflegeanbieter in Baden-Württemberg fordert, das System der Pflegeversicherung umzukehren. Den vollmundigen Erklärungen aus Union und SPD "müssen nach der Wahl schnell reale Schritte folgen", sagte der Hauptgeschäftsführer des diakonischen Unternehmens, Bernhard Schneider, im Gespräch mit dem Evangelischen Pressedienst (epd).

"Wir schlagen vor, eine Pflege-Teilkaskoversicherung einzuführen. Dann würde der Heimbewohner immer den gleichen Betrag bezahlen, und die Pflegekassen übernehmen das, was darüber hinausgeht."

Der Unternehmenschef sagte weiter: "Wir müssen an den Kern der Probleme heran." Mit diesem Paradigmenwechsel "kann man kurzfristig einen großen Schritt machen". Ziel müsse es sein, "die Pflegeversicherung strukturell so zu verändern, dass die Kosten für alle Pflegebedürftigen finanzierbar sind - unabhängig davon, ob sie zu Hause, im Betreuten Wohnen oder in einem Pflegeheim leben".

Schneider nannte es einen Skandal, dass jeder Dritte in Deutschland pflegebedürftig wird, "aber seine Pflegebedürftigkeit alleine nicht bezahlen kann". Die vorgeschlagene Reform sei finanzierbar: "Ein um 0,5 Prozent steigender Pflegebeitrag würde locker ausreichen. Das macht niemanden arm."



Für den Chef der Heimstiftung verhindert das bestehende System der Pflegefinanzierung, dass den Fachkräften höhere Löhne bezahlt werden können. Denn, so Schneider: "Die Versicherung übernimmt einen festen Eigenanteil und alles, was darüber hinaus geht, muss der Pflegebedürftige oder seine Angehörigen bezahlen." Das gelte auch für steigende Lohnkosten: "Die Heime müssen diese Belastungen zu 100 Prozent weitergeben." Mit einer Teilkasko-Pflegeversicherung "würden wir die höheren Personalausgaben über den Pflegesatz refinanzieren".

Laut Schneider muss die Politik schnell für bessere Rahmenbedingungen in der Pflege sorgen. "Auch eine höhere Bezahlung muss her, etwa über Zulagen für ungünstige Dienstzeiten und an Wochenenden. Schon das würde den Beruf attraktiver machen." Aber auch das Umfeld insgesamt muss verändert werden. "Keine Pflegekraft will in einem Notstandsgebiet arbeiten. Auf breiter Front müssen bundesweit die Personalschlüssel verbessert werden, dann sinkt auch die Belastung für die einzelne Fachkraft", sagte der Hauptgeschäftsführer.