Die evangelische Landeskirche hatte in den vergangenen Wochen alle ihre 1.262 Gemeinden zwischen Hann. Münden und der Nordsee befragt, ob solche Glocken vor Ort noch existieren. Hintergrund ist der Fall der "Hitler-Glocke" im pfälzischen Herxheim am Berg, die seit einiger Zeit für Aufsehen sorgt.
Die niedersächsischen Glocken hängen in der Michaelkirche in Faßberg bei Celle sowie im Turm der Kreuzkirche in Schweringen bei Nienburg. "Die betroffenen Gemeinden sind sich der Problematik dieser Glocken bewusst", sagte Arend de Vries, Geistlicher Vizepräsident des Landeskirchenamtes in Hannover. Er empfiehlt den Gemeinden, die Glocken stillzulegen. "Da diese Glocken zu Gottesdiensten, Andachten und zum Gebet einladen, sind sie nicht nur historische Relikte, sondern Teil des aktuellen liturgischen Handelns." Er könne sich nur schwer vorstellen, dass diese Glocken weiterhin zu Gottesdiensten oder zu Friedensgebeten einladen.
Die 1934 gegossene Glocke in Schweringen trägt ein 35 mal 35 Zentimeter großes Hakenkreuz mit einer nationalistischen Inschrift. Die dortige Kapellengemeinde hat inzwischen als Eigentümerin der Kirche beschlossen, die Glocke erst einmal stillzulegen, ihre Geschichte aufzuarbeiten und dann über eine endgültige Lösung zu beraten. Der Kirchenvorstand distanzierte sich in einer Erklärung von den Symbolen auf der Glocke.
Die Nazi-Symbole in Faßberg sind den Angaben zufolge vor Ort bereits seit längerem bekannt. Dort ist das Hakenkreuz zwei mal zwei Zentimeter groß, dazu ist ein Luftwaffenadler abgebildet. Die Gemeinde in Faßberg erläutere die Geschichte der Kirche und ihrer Glocke in einer Broschüre, im Internet und bei Führungen, sagte de Vries: "Sie gibt so Gelegenheit, das Erbe des Nationalsozialismus aufzuarbeiten." Die Bronzeglocke aus dem Jahr 1938 werde zurzeit aufgrund von Reparaturarbeiten nicht geläutet.
In der hannoverschen Landeskirche gibt es insgesamt 1.396 Kirchen und 263 Kapellen. Sie ist die größte evangelische Landeskirche in Deutschland.
Die umstrittene "Hitler-Glocke" in Herxheim mit der Aufschrift "Alles fuer's Vaterland - Adolf Hitler" soll künftig vorerst nicht mehr läuten. In der Diskussion um die 1934 gegossene Glocke war der Bürgermeister des 750-Einwohner-Ortes wegen umstrittener Äußerungen über Hitler von seinem Amt zurückgetreten. Der Zentralrat der Juden in Deutschland forderte, die Glocke abzuhängen und ins Museum zu stellen.