Die Leipziger Polizei hat am Montag mit einer ungewöhnlichen Pressemitteilung für Aufsehen gesorgt. Unter der Überschrift "Artikel 3 und 4 Grundgesetz vs. Sure 4:34" wird ein Fall häuslicher Gewalt bei einem syrischen Ehepaar zum Anlass genommen, in einer längeren Abhandlung über das vermeintliche Frauenbild im Islam zu philosophieren. Da heißt es unter anderem, abgesehen vom allgemein rückständigen Frauenbild in weiten Gesellschaftsteilen des arabischen Sprachraums wende ein Muslim die Gewalt gegen seine Ehefrau nicht zuletzt auf religiöser Basis an, auch wenn ihm der Koran hierbei kein schrankenloses Züchtigungsrecht einräume.
Autor der Zeilen ist nach Angaben von Polizeipressesprecher Uwe Voigt der Leiter des Direktionsbüros der Polizeidirektion Leipzig, Andreas Loepki. Loepki wollte mit dem Text "ein bisschen in die Tiefe gehen", sagte Voigt dem Evangelischen Pressedienst (epd). Die Pressestelle sei grundsätzlich bemüht, ihre Pressemitteilungen nicht im üblichen Beamtendeutsch zu schreiben. "Da hat er sich etwas einfallen lassen." Die Grundgesetzartikel 3 und 4 betreffen den Gleichheitsgrundsatz und die Religionsfreiheit. Aus der Koransure 4, Vers 34 wird abgeleitet, dass Männer über den Frauen stehen.
Gewalt gegen Frauen
In dem konkreten Fall hatte eine 67-jährige Frau am Sonntag im Landkreis Leipzig einer 30-jährigen Syrerin Schutz in ihrem Haus geboten, die nach eigenen Aussagen von ihrem Ehemann regelmäßig mit Fäusten und Gegenständen geschlagen wird. Gegen den Syrer wird laut Polizei wegen Körperverletzung ermittelt. Statt einer genauen Ortsangabe, wie üblich, gab die Leipziger Polizei an: "Zuständigkeitsbereich der PD Leipzig und andernorts in Deutschland". Als Zeitpunkt heißt es: "wohl tagtäglich".
Weiter schreibt die Polizei: "Insgesamt offenbart sich hier wohl eine der Herausforderungen nachhaltiger Integrationsarbeit." Ein über Jahrhunderte geprägtes, gelebtes, erfahrenes und in der Religion verankertes Frauenbild gehe auf der Suche nach einem sicheren und besseren Leben nicht irgendwo auf dem Balkan verloren und werde auch nicht bei der Überfahrt ins Mittelmeer geworfen." Vielmehr reise es mit, "wird fortgelebt und wird sich nicht binnen Monaten westlich-europäischen Standards anpassen".
Angesichts einer Frauenrechtsbewegung, die trotz aller hochgelobten westlichen Aufklärung hierzulande bereits seit der Französischen Revolution für gleiche Rechte kämpfen muss, wäre eine solche Erwartung schlicht naiv, heißt es weiter. Betont wird zudem, das die Abhandlung über den Islam in der Pressemitteilung keine Vorverurteilung des Ehemannes sei. Die Ermittlungen würden "objektiv, also auch in entlastender Hinsicht geführt". Dabei wird darauf verwiesen, dass "auch nicht wenige im hiesigen Kulturkreis aufgewachsene Männer" dazu neigten, "ihre Partnerinnen zu schlagen und zu misshandeln".