Das Reformationsjubiläum 2017 sei eine Chance zu fragen, was vom Erbe des Reformators Martin Luther (1483-1546) "in die Zukunft trägt". Hasselhorn ist wissenschaftlicher Mitarbeiter der Stiftung Luthergedenkstätten in Sachsen-Anhalt, Kurator der Nationalen Sonderausstellung 2017 in Wittenberg und Autor des Buches "Das Ende des Luthertums?"
Seine große Sorge sei, dass die Zahl der Kirchenbesucher weiter sinke, fügte Hasselhorn hinzu: "Ich kenne niemanden in meiner Generation, der ernsthaft in der Kirche engagiert ist." Der Grund für diese Krise sei nicht das Versagen einzelner Personen, sondern er liege in der Geschichte des Protestantismus begründet. Die Aufklärung habe die Vernunft gegen die Bibel ausgespielt, sagte Hasselhorn. Dadurch habe das lutherische Menschenbild der Sündhaftigkeit keinen Platz mehr gehabt: "Der aufgeklärte Mensch empfindet sich nicht als unzulänglich oder als Sünder. Da hat das klassische Luthertum schlechte Karten."
"Verharmlosung Gottes als eines liebenden Großvaters"
Infolge der Aufklärung sei unter anderem Luthers Begriff des Gottvertrauens verschoben worden zu einer "Verharmlosung Gottes als eines liebenden Großvaters". Aus der Botschaft "Gott liebt Dich, obwohl Du bist wie Du bist und will Dich besser machen" sei die Botschaft "Gott liebt Dich so, wie Du bist" geworden. Mit dieser Analyse, die er in seinem Buch "Das Ende des Luthertums?" führe, fühle er sich relativ alleine, betonte Hasselhorn: "Für das Reformationsjubiläum wäre viel gewonnen, wenn wir über diese Dinge ernst reden würden."