Man müsste darauf Wert legen, dass die Etats für Vor- und Nachsorge sowie Entwicklungszusammenarbeit und Wiederaufbau in gleicher Größenordnung mitwachsen, sagte Sigurd Rink, Militärbischof der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), in Berlin. Diskutiert wird derzeit eine Steigerung der Verteidigungsmittel auf zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts.
Rink sprach sich nicht grundsätzlich gegen eine solche Anhebung aus. Das sei ein politischer Aushandlungsprozess, sagte er. Er forderte aber eine Diskussion darüber im Parlament. Der evangelische Militärgeneraldekan Matthias Heimer sagte, aus Sicht der Soldaten werde der Wille zu einer Aufstockung der Mittel begrüßt. Die Senkung der Ausgaben in den vergangenen Jahrzehnten habe inzwischen zur Sorge geführt, dass die Bundeswehr ihren Auftrag nicht mehr erfüllen könne.
Auslandseinsätze bleiben Hauptthema der Seelsorge
Der Friedensbeauftragte der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Renke Brahms, sagte dagegen, ein Zuwachs im Verteidigungsetat von 37 auf 60 Milliarden Euro sei "wahnwitzig". Die Reise gehe in die verkehrte Richtung. Während die Mittel für die Bundeswehr weiter wachsen sollen, stagnierten Gelder für Krisenprävention, Stabilisierung und Nachsorge oder seien sogar gekürzt worden.
Auch von dem Ziel, 0,7 Prozent des Bruttoinlandsprodukts für Entwicklung auszugeben, sei Deutschland noch weit entfernt. "Das aber ist wichtig, um Konflikt- und Fluchtursachen mit zivilen Mitteln zu bekämpfen", sagte der leitende Bremer Theologe. Die finanziellen Beiträge der Nato-Mitglieder für das Militärbündnis stehen mit im Fokus der Münchner Sicherheitskonferenz, die am Freitag begann.
Der Politikwissenschaftler Hans-Joachim Schmidt hält eine Steigerung der Militärausgaben für die Sicherheit Europas notwendig. Seit der Auflösung des Warschauer-Pakt-Bündnisses und dem Zusammenbruch der Sowjetunion 1990 hätten die europäischen Nato-Staaten ihre Streitkräfte stark abgebaut, sagte der wissenschaftliche Mitarbeiter der Hessischen Stiftung Friedens- und Konfliktforschung (HSFK). Er forderte parallel aber auch einen sicherheitspolitischen Dialog und Rüstungskontrolle. Abschreckung allein bringe noch keine Sicherheit, betonte Schmidt.
Die Evangelische Seelsorge in der Bundeswehr begeht in diesem Jahr ihren 60. Jahrestag. Sigurd Rink ist erster hauptamtlicher Militärbischof der Evangelische Kirche in Deutschland (EKD). Derzeit sind laut dem am Freitag von Rink vorgestellten Jahresbericht 97 Militärgeistliche und 96 Pfarrhelfer im Dienst, die auch Auslandseinsätze der Bundeswehr begleiten. Bei der katholischen Militärseelsorge sind es etwas weniger. Rund die Hälfte der deutschen Soldaten gehört einer der beiden großen christlichen Kirchen an.
Hauptthemen für die evangelische Militärseelsorge sind Rink zufolge derzeit unter anderem die Begleitung der Auslandseinsätze, "die tendenziell mehr werden", die Diskussion um das im vergangenen Jahr vorgestellte Weißbuch der Bundeswehr und die Weiterentwicklung der EKD-Friedensdenkschrift aus dem Jahr 2007. Rink zufolge müssten neue Aspekte aufgenommen werden, darunter der Umgang mit Terrorismus, der Flüchtlingsbewegung und der zunehmenden Automatisierung von Waffensystemen. "Es wird nicht bei Drohnen stehenbleiben", sagte Rink.
Rink verurteilte zudem erneut die Meldungen um menschenunwürdige Aufnahmerituale in der Kaserne in Pfullendorf. Er kenne keine weiteren Fälle an anderen Standorten, würde seine Hand aber auch nicht dafür ins Feuer legen, dass nicht es ähnliche Vorkommnisse woanders auch gebe, sagte Rink. Er appellierte, insbesondere in "geschlossenen Systemen" wie solchen Einheiten mehr Sensibilität zu schaffen und schlug ein Frühwarnsystem vor.