Zentralrat der Juden: AfD setzt auf Spaltung der Gesellschaft

Zentralrat der Juden: AfD setzt auf Spaltung der Gesellschaft
Der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Josef Schuster, hat vor zunehmender Respektlosigkeit im gesellschaftlichen Miteinander gewarnt.

Mit dem Erfolg der AfD gewinne eine Partei an Zustimmung, "die auf Spaltung und Ausgrenzung setzt", sagte Schuster bei der Eröffnung des jüdischen Gemeindetags am Donnerstagabend in Berlin. Gerade Juden müssten angesichts solcher Entwicklungen ihre Stimme erheben. "Denn wenn Stimmung gemacht wird gegen Muslime oder gegen sogenannte Eliten, dann sind früher oder später auch wir Juden gemeint", betonte der Zentralratspräsident.

Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) rief zur Verteidigung der demokratischen Grundwerte auf. Er habe nicht gedacht, dass er sich in Deutschland darum noch mal solche Sorgen werde machen müssen. Dabei verwies der Christdemokrat auch auf die Debattenkultur in sozialen Netzwerken. Das Internet scheine "viele zu enthemmen", sagte Schäuble, der beim Gemeindetag einer der Eröffnungsredner war.

Zunahme von Antisemitismus

Indirekt verteidigte Schäuble die Flüchtlingspolitik von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU). Deutschland könne sich nicht von der Außenwelt abschotten und müsse seiner internationalen Verantwortung gerecht werden, betonte der Finanzminister. Er sei der Überzeugung, dass Weltoffenheit letztlich auch im Inneren die Toleranz stärken werde.

Zentralratspräsident Schuster erklärte, die jüdische Dachorganisation habe sich in Deutschland schon immer auch für andere Minderheiten eingesetzt. "Auch deshalb kritisieren wir die AfD so scharf." Diese versuche, unter dem Deckmantel der Israel-Freundschaft auch in der jüdischen Gemeinde auf Stimmenfang zu gehen. "Davon dürfen wir uns nicht blenden lassen", unterstrich Schuster. 

Schäuble lobte den Zentralrat für dessen Einsatz. Die Verurteilung ganzer Bevölkerungsgruppen führe dahin, "wo wir niemals wieder hinkommen wollen", sagte der CDU-Politiker. In Erinnerung an den Holocaust bezeichnete er die Tatsache, dass es heute wieder jüdisches Leben in Deutschland gibt, als "wirkliches Wunder". Ein so kostbares Gut gelte es zu verteidigen.



Der Zentralratspräsident hatte sich zuvor besorgt über die Zunahme von Antisemitismus in der Bundesrepublik geäußert. Erst jüngst habe eine Umfrage im Auftrag der sächsischen Landesregierung ergeben, dass jeder Fünfte der 18- bis 29-jährigen Sachsen der Aussage zustimmt, Juden hätten etwas Eigentümliches an sich. Insgesamt hätten in Deutschland rund 16 Millionen Menschen antisemitische Vorurteile, sagte Schuster.

Der Botschafter Israels, Yakov Hadas-Handelsman, nannte es inakzeptabel, dass es für Juden in Deutschland wieder gefährlich sei, auf offener Straße die Kippa zu tragen. "Ein Angriff auf eine Minderheit ist auch ein Angriff auf die Demokratie als Ganzes", erklärte er. Die Gesellschaft trage die Verantwortung für den Schutz von Minderheiten.

Der Gemeindetag dient vor allem dem intensiven Austausch der Gemeindemitglieder untereinander und soll den Zusammenhalt der jüdischen Gemeinschaft in Deutschland stärken. Unter dem Motto "Ein Dach, eine Familie" kommen bis Sonntag in Berlin rund 1.200 Menschen jüdischen Glaubens zu Podiumsdiskussionen, Workshops und Lesungen zusammen. Zuletzt fand 2013 ein Gemeindetag in Berlin statt.