Angesichts der Mordserie durch einen Krankenpfleger in zwei niedersächsischen Kliniken hat der Präsident der Diakonie Deutschland, Ulrich Lilie, für klare Verantwortlichkeiten im Umgang mit Auffälligkeiten plädiert. Lilie sagte dem Evangelischen Pressedienst (epd) in Berlin, eine Kontrolle müsse auf allen Hierarchie-Ebenen im Krankenhaus gesichert sein. Zugleich habe jeder Fall aber auch ein tragisches Moment: "Es gibt keine hundertprozentige Sicherheit gegen solche Menschen."
Der Diakoniechef warb für einen offenen Umgang mit Fehlern. Dafür sei eine Atmosphäre kollegialen Vertrauens notwendig aber auch genügend professionelle Distanz, um Auffälligkeiten wahrzunehmen und Fehler zu besprechen. "Und dann muss man der Sache auf den Grund gehen", sagte Lilie, "ohne Ansehen der Person." Es reiche nicht, eine Nachfrage zu stellen und sich mit einer ersten Antwort zufriedenzugeben. Zugleich müsse klar sein, dass niemand befürchten müsse, wegen eines Fehlers sofort ins Abseits gestellt zu werden.
In Niedersachsen zeichnet sich die größte Mordserie eines Einzelnen in der deutschen Nachkriegsgeschichte ab. Der bereits wegen mehrfachen Mordes zu lebenslänglicher Haft verurteilte Krankenpfleger Niels H. hat weitere Morde gestanden. Die Polizei untersucht bis zu 200 Fälle in Delmenhorst und Oldenburg. Exhumierungen Verstorbener ergaben bisher in 27 weiteren Fällen einen Mordverdacht.
H. beging die Taten, für die er verurteilt wurde, zwischen 2002 und 2005 in Delmenhorst. Vorher hatte er in Oldenburg gearbeitet. Er hatte Patienten ein Medikament gespritzt, das zu Herzversagen führt, um seine Fähigkeiten bei der Reanimation unter Beweis zu stellen.
Die Staatsanwaltschaft ermittelt inzwischen auch gegen drei Verantwortliche der Oldenburger Klinikleitung und fünf des Delmenhorster Krankenhauses wegen Totschlags durch Unterlassung. In Delmenhorst verfügte die Klinikleitung nach Auffassung der Staatsanwaltschaft seit 2003 über Hinweise auf höhere Sterberaten.