Um den Bearbeitungsstau aufzulösen, müssten die Verfahren von unbegründeten Anträgen entlastet und das Asylsystem für Schutzbedürftige optimiert werden, erklärte die Stiftung am Freitag in Gütersloh bei der Vorstellung einer aktuellen Studie. Ende Februar 2016 gab es der Stiftung zufolge in Deutschland 393.155 unbearbeitete Asylverfahren. Dazu kämen nochmals rund 500.000 Flüchtlinge, die bis Ende 2015 ihren Antrag noch nicht stellen konnten.
Vorsortierung der Asylgesuche
Deutlich beschleunigt werden könnten die Verfahren laut Studie durch eine stärkere Vorsortierung der Asylgesuche. So sollten schutzbedürftige Flüchtlinge schneller einen positiven Bescheid bekommen, Asylanträge mit geringen Aussichten hingegen zügiger abgelehnt werden. Verbessert werden könne zudem die Qualität der Verfahren durch Rechtsbeistände. Gemeinden könnten durch Bundeszentren für Flüchtlinge entlastet werden.
Die Studie verweist auf das im Jahr 2012 reformierte Asylverfahren in der Schweiz. Kernelemente des Schweizer Verfahrens seien eine umgehende Einteilung nach Prioritäten und eine schnellere Bearbeitung der Asylgesuche. So würden eindeutige Fälle schnell positiv oder negativ entschieden, teilweise innerhalb von 48 Stunden. In einer zweiten Kategorie würden komplexere Verfahren erfasst, bei denen weitere Nachforschungen nötig sind. Diese Anträge werden der Studie zufolge innerhalb eines Jahres entschieden.
Durch staatlich finanzierte Rechtsbeistände werde in der Schweiz die Qualität der Verfahren verbessert. Zudem entlaste dort der Bund die Kantone und Gemeinden, indem die Asylbewerber zunächst zentral in Verantwortung des Bundes untergebracht werden. Deutschland könne das Modell zwar nicht blind kopieren, erklärte der Vorstand der Bertelsmann Stiftung, Jörg Dräger. Die Asylreform der Schweiz zeige jedoch, dass der Spagat zwischen schnellerer Bearbeitung und mehr Qualität gelingen könne.