Durch den Syrienkonflikt gebe es eine starke Fokussierung auf die Flüchtlingssituation im Nahen Osten, sagte Martin Keßler, Leiter des Hilfswerks, dem Evangelischen Pressedienst (epd). "Da fallen andere Weltregionen stark hinten runter." Vor allem Afrika brauche mehr Aufmerksamkeit und finanzielle Unterstützung.
In Somalia sind laut Keßler zwei Millionen Menschen auf der Flucht, im Kongo rund 2,8 Millionen, im Südsudan ebenfalls mehr als zwei Millionen. "Das sind alles Länder mit sehr hohen Vertriebenenzahlen." Fluchtursache sei meist ein bewaffneter Konflikt.
Viele dieser Menschen seien nach ihrer Flucht zudem extremen Wetterverhältnissen ausgesetzt, da sie oft in nur wenig bewohnte Gebiete ohne Infrastruktur flüchteten, sagte Keßler. Während beispielsweise in einigen Regionen Ostafrikas eine schlimme Dürre herrsche, seien andere Gebiete überschwemmt. Grund dafür seien Klimaveränderungen und das Wetterphänomen El Niño. So leiden die Menschen in Äthiopien und dem Südsudan unter der extremen Trockenheit. Laut Welternährungsprogramm wissen Millionen von ihnen nicht, woher sie ihre nächste Mahlzeit nehmen sollen. Gleichzeitig versucht Somalia Keßler zufolge, sich auf "sintflutartige Regenfälle" einzustellen.
Gerade in der Nähe der Hauptstadt Mogadischu, wohin viele Somalier vor der Terrormiliz Al-Shabaab geflohen seien, verteilten Hilfsorganisationen vorsorglich Pakete - sogenannte "El-Niño-Kits", die unter anderem Hacken und Schaufeln enthalten. Damit könnten die Vertriebenen notdürftig "Gräben um ihre Zelte anlegen, dass das Wasser abfließen kann", erläuterte Keßler.
Doch auch in Südamerika lebten unzählige Vertriebene, allein sechs Millionen in Kolumbien, sagte der Experte. Die Bevölkerung in dem Land leide seit 60 Jahren unter gewaltsamen Auseinandersetzungen. Die Regierung, verschiedene Rebellengruppen, aber auch kriminelle Milizen kämpften dort um Macht und Kontrolle über die reichen Rohstoffvorkommen wie Gold und Koltan. "Fakt ist, dass die Bevölkerung dann immer mittendrin ist", erläutert Keßler.
Für ihre Arbeit bräuchten die Hilfswerke eine stabile finanzielle Unterstützung, betonte Keßler. Wenn manche Regionen mit geringeren Mitteln auskommen müssten, könne dies dazu führen, dass weniger Hilfe umgesetzt werden kann. Dazu dürfe es auf keinen Fall kommen.