Man könne nicht sagen, dass die Kirchen für Humanitätspostulate zuständig seien und die Politik für konkretes Handeln, schreibt er in einem Beitrag für die "Frankfurter Allgemeine Zeitung" (Montagsausgabe). Beides müsse aufeinander bezogen werden. "Wenn Politik die Humanität hintanstellt, dann verfehlt sie ihren Auftrag. Umgekehrt gilt: Wenn Kirche nicht die Dilemmata wahrnimmt, in denen Politik sich bewegt, dann redet sie über die Realität hinweg", schreibt Bedford-Strohm.
Der Ratsvorsitzende bezieht sich auch auf die Interpretation von Martin Luthers Zwei-Reiche-Lehre durch den ehemaligen Bundesverfassungsrichter Udo Di Fabio. Die Gläubigen seien keine politischen Akteure, "aber sie irritieren den Prozess", hatte Di Fabio Mitte November vor der EKD-Synode in Bremen gesagt. Obwohl Luther das nicht gewollt habe, habe er mit seiner zentralen Zwei-Reiche-Lehre einen Beitrag zur weltlichen Rechtsentwicklung geleistet, sagte Di Fabio. "Wie und an welcher Stelle die Kirchen öffentlich Stellung nehmen, ist sorgsam abzuwägen", schreibt nun Bedford-Strohm.
Abschottung gegenüber Flüchtlingen mit christlichem Ethos nicht vereinbar
Zu den Grundlagen für eine gelingende Integration zählt der bayerische Landesbischof die deutsche Sprache sowie die Normen und Werte des Grundgesetzes. Dazu gehörten Toleranz, Religionsfreiheit, Gleichberechtigung von Männern und Frauen "sowie eine klare Zurückweisung von menschenfeindlichen Haltungen wie Rassismus und Antisemitismus". Das müsse auch Teil des interreligiösen Dialogs sein, betonte er und warnte davor, Auseinandersetzungen aus dem Weg zu gehen. Der interreligiöse Dialog verfehle sein Ziel, wenn "aus Konfliktscheu menschenrechtswidrige Überzeugungen und Praktiken nicht kritisiert werden", ist Bedford-Strohm überzeugt.
Mit dem christlichen Ethos sei eine Abschottung gegenüber Flüchtlingen nicht vereinbar, schreibt der EKD-Ratsvorsitzende. Eine Beschränkung des Zugangs für Flüchtlinge schloss Bedford-Strohm aber nicht grundsätzlich aus. Solche Forderungen nach einer Begrenzung müssten jedoch in ihren Konsequenzen für die dann abgewiesenen Flüchtlinge durchdacht sein. Ein "würdiges Leben anderswo" müsse gesichert sein.
Zunächst sei es umso wichtiger, dass Deutschland im Rechtssystem und in der staatlichen Ordnung die "volle Funktionsfähigkeit" bewahre, schreibt Bedford-Strohm. Dazu gehöre auch, die Flüchtlinge ordentlich und nach einheitlichen Verfahren zu registrieren sowie die Asylverfahren zeitnah zu bearbeiten. Sollte das nicht möglich sein, dürfe "von der Politik erwartet werden, dass sie Alternativen prüft, wie auf andere Weise der rechtliche Status der Flüchtlinge geklärt und gesichert werden kann".